Autor Thema: Zu 05 und 04 mein Exkursionsbericht Elbe- Tanger- Niederung 18.08.2012  (Gelesen 6319 mal)

sylvia #1

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Hallo zusammen

Hitze und Sonne haben das Land ausgedörrt, wir hatten 34 Grad im Schatten, bewegten uns aber mehr im Freien unter der sengenden Sonne, kein Wunder, dass wir da ein Moor nicht  fanden, wo angeblich eines sein sollte ;-))))

Aber im Ernst,  von dem kleinen Örtchen Weißewarte (das so heißt, weil von der roten und der weißen Warte -Wachtürme- , welche Tangermünde ab 1600 als Vorwerke schützten, einst nur die weiße Warte übrig blieb), fuhren wir zu einem angeblichen Moorstandort, der sich in der Tangerniederung befinden sollte, wo heute noch immer überall Quellwässer und – Bäche wie  Flohtgraben, Teichgraben, Pietzengraben,  Kiepebach, Beeke, Laufgraben, Dollgraben, Karrenbach...  als Zuflüsse für den Tanger (Flüßchen) die Ebene prägen. Der Tanger ist 33km lang und fließt nordöstlich von Weißewarte bei der hübschen Stadt (mit imposanter Stadtmauer) Tangermünde in die Elbe, welche diese Niederung ebenfalls prägt (Altarme und Weiher, Überflutungen).

Wir gingen also erst mal einen schier endlos scheinenden schnurgeraden Weg (Bild1)  in den einstigen Erlenbruchwald hinein - wobei Lars unser Jugendteam erst mal ein bischen antreiben mußte, weil sie sich gleich an der ersten Ecke „festbissen“  (Bilder 2+3) -  und verteilten uns dann auf  die dazu  quer führenden, dicht bewachsenen aber überwiegend zu dieser Zeit sonnigen Waldwege (Bild 4) . Der Wald war überwiegend trocken gefallen und grenzte an Mähwiesen.

Während Martin viel mit der Gesiebekiste arbeitete habe ich den Streifkescher eingesetzt. Anfangs viel Linyphia triangularis (Bild 5) und Metellina spec. , dann Diaea dorsata (Bild 6) mehrfach,  Tibellus spec., Pisaura mirabilis, Tetragnatha spec., Xysticus ulmi, auch diverse Xysticus spec. juvenil , Theridion varians, Philodromus spec. und diverse Weberknechte und auf der ersten Wiese viele Araneus marmoreus und Araneus quadratus (Bild 7) , natürlich  auch Brutgespinste von Cheiracanthium punctorium (Bild Acht), Argiope bruennichi...etc... eine große Zauneidechse querte unseren Weg und auch eine große Erdkröte. Ansonsten lag die Wiese in der Sonnenglut ziemlich still da, wenn man vom gelegentlichen Zirpsen von Heupferden mal absah...Der Heuschrecken gab es dort reichlich und den Spinnen ging es damit gut.... Martin hörte immer mal einen Frosch quaken und so bleib die Hoffnung doch noch Moor zu finden noch ein bischen, aber nicht allzu lange erhalten (Bild 9) .

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sylvia #1

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Als wir uns an einem weiteren Waldweg wieder zusammenfanden überraschte uns Lars mit der Bemerkung er habe hier Synema globosum gefunden. Das konnte ich fast gar nicht glauben (und Jonathan war auch ganz begeistert), denn der Waldweg sah fast identisch aus zu jenem, den ich abgekeschert hatte (ohne Synema), aber es gab dort mehr Sonne und auch mehr Stauden und Disteln und so kescherten wir uns nun erst mal voller Freude diese hübschen Tierchen! Die Art wollte ich schon immer mal finden und so war das für mich einfach das Highlight, faszinierende glänzende bunte Spinnen, die auch noch unglaublich gut springen können oder einfach im Nullkommanichts an einem Faden weg-schnellen! (Bilder 10+11)

Dann marschierten wir wieder in die Wiesen, aber es blieb dabei : Weit und breit kein Moor.  Spinnen gab es trotzdem reichlich und für Lars auch interessante Weberknechte (Bilder 12-14) Und ich fand wieder alle oben von mir schon genannten Arten. Darunter auch diese Linyphiden – Männchen immer wieder, die vielleicht
L. hortensis sein könnten ? (Bilder 15-18) .
KORREKTUR (danke Michael und Martin) : nicht Linyphidae sondern Tetragnathidae, Männchen von Pachygnatha listeri!
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Michael Hohner

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Die Linyphia ist keine. Falsche Familie :-)

sylvia #1

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Am Waldrand der Wiese fand ich auch immer mal Wölfe wie diese Pardosa mit Kokon (Bild 19) Die fast trocken gefallenen Gräben zeigten sich z.T. mit Schilfbewuchs und dort entdeckte ich das Gespinst einer Clubiona phragmitis (Bilder 20+21). Manche Arten weckten wahre „Begeisterungsstürme“ bei Lars : es gab so viele Tibellus (Bild 22), dass er wirklich aber auch gar keine mehr haben wollte, na so was ;-) Da haben selbst die vielen Heuschrecken ganz erschrocken geguckt : Ach Jonathan, welche ist denn das nun wieder (Bild 23) ?

Inzwischen schritt Lars zum angekündigten heroischen Selbstversuch und ließ sich von einer Cheiracanthium punctorium Dame in den Unterarm (Innenseite mit dünner Haut) beißen. Diese wollte ihrem Ruf gerecht werden und biss in Sekundenbruchteilen zweimal hintereinander an eng beieinander liegenden Hautarealen zu . Die Reaktion war schon sehr deutlich, aber es blieb bei lokalen Beschwerden, die Lars selber am besten beschreiben kann. Fotos wurden auch gemacht. Jonathan wurde (schon zuvor) unfreiwillig auch Bißopfer in einen Finger, was aber kaum eine Reaktion auslöste.

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sylvia #1

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Als klar wurde, dass wir dort kein Moor mehr finden würden und die Zeit auch schon kräftig fortgeschritten war traten wir den Rückweg zu den Autos an. Eine Waldeidechse huschte vor uns über den Weg und auch sonst gab es neben Spinnen noch so allerlei Getier zu bewundern. Der Weg führte durch ein kleines Waldstück mit Fichten, in welchem noch einmal ganz großer Sammeleifer erwachte. Ich habe derweil draußen am sonnigen, dort z.T. sogar sandigen Waldweg mit seinen Stauden und Baumaufwuchs gekeschert und unter anderem diese Spinnen gefangen : eine Spinne die ich nicht zuordnen kann (Bild 24 ), eine Wölfin (Bilder 25+26), Tetragnathas wie diese, von der ich denke, dass es Th.montana sein sollte (Bilder 27+28), Theridion varians (Bilder 29+30), Xysticus ulmi (Bild 31) und wieder Diaea dorsata (Bild 32)...

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sylvia #1

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Nach einer kurzen Stärkung an den Autos ging es weiter  hinein in die eigentliche Elbe- Niederung.

Bei dem kleinen Weiler Schelldorf, der schon fast unmittelbar an der Elbe liegt, war das Ziel ein ehemaliger Altarm der Elbe, der Schelldorfer See. Der liegt wie ein „abnehmender Sichelmond“ linksseitig der Elbe  neben dem Dorf.  Früher war das Dorf auf einer Insel von der Elbe umflossen, der Altarm zeigt das noch recht gut in seinem Verlauf. Wir näherten uns von Südwesten, wo ein ziemlich dichter Gürtel aus Schlehen- und Weißdornhecken, Weiden , Erlen und Eichen sowie Schilf /Rohrkolben und Morast vor dem Wasser „liegen“ (Bild 33) . Da man aber das Wasser sehen konnte und es so irre heiß war, zog Johnathan sich die Sandalen aus und stampfte unverdrossen durch den Morast ins Schilf aufs Wasser zu und nahm plötzlich ein unfreiwilliges Bad bis zum Po. Das war zwar eine Abkühlung aber er sah danach ziemlich schwarz aus, unser Schlammspringer  ;-)

Wir verteilten uns wieder (Bild 34) . Das Ufer des Altarms ist fast überall von diesem schon beschriebenen Bewuchs eingefasst und es gab an dieser Seite kaum Zugänge zum Wasser. Das glich so ein bischen einem „Dschungel- Trip“ aber wir fanden die Zugänge zum See! Jonathan wollte dort unbedingt mal nach diversen Tierchen keschern und fand eine schöne große Libellenlarve. Der See ist durch die umgebende Landwirtschaft extrem eutrophiert und das Wasser war eine einzige grüne Algenbrühe. (Bilder 35 - 40)

Oben an die Schlehenhecke angrenzend war zur Wiese hin ein Streifen Hochstauden und vertrocknete Gräser und manchmal auch Schilf (Bild 41), die Sonne glühte dort regelrecht auf uns hernieder, was den Libellen allerdings ein sehr angenehmes Klima schien...Blutrote Heidelibelle und diverse andere düsten dort herum und erfreuten uns wie auch diese „Teppiche“ von Heidenelken, die man schon von weitem leuchten sah (Bild 42).

Und nun kommt der Schluß

sylvia #1

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Hier oberhalb vom Seeufer in der Sonnenglut gab es natürlich wieder viele Ch.punctorium, Riesenexemplare von Argiope bruennichi (eine 23mm!) aber auch große Araneus marmoreus und Araneus quadratus. Außerdem viele Linyphiden, Weberknechte und Xysticus...etc

In der Nähe der großen Weide (Bilder 43+44) habe ich im Schilf noch eine Marpissa (sah  für mich zumindest erst mal so aus) gekeschert... das volle Schnapsleichenröhrchen von dort (wie auch jenes aus dem Weißewarte- Areal) haben dann die Männer (alphabetisch: Dennis, Jonathan, Lars und Martin) mitgenommen zum Bestimmen unterm Bino, die Fleißigen! Bin mal gespannt …Wegen der ganzen Sammelei habe ich extrem wenig Spinnen - Fotos draußen gemacht und andere Tiere gar nicht fotografiert... Dort habe ich noch eine Rohrweihe und eine Teichralle gesehen...Das, was ich insgesamt mitgenommen habe (lebend) saht Ihr nun zum Teil ja hier. Zum Schluss ging es dann für mich auf dem Weg nach Hause wieder mit der Fähre über die Elbe (Bild 45)...

Danke Martin, Lars, Dennis und Jonathan für diesen Exkursionstag. Es war einfach schön mit Euch!
LG an alle
Sylvia

Martin Lemke

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Wie Michael zwischendurch einzuwerfen versuchte, ist Linyphe 15-18 eine Pachgnytha listeri, Tetragnathidae.

Martin
Profil bei Researchgate.net – Spinnen-News aus SH

DAS waren noch Zeiten: Norwegen 2011.

Lothar Gutjahr

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Liebe Sylvia,

was sagt man dazu ? KLEIN aber FEIN diese Exkursion ! Und wie von dir gewohnt wunderbar dokumentiert. Dafür herzlichen Dank !
Wenn jetzt noch von zwei drei Arten ausgetrocknete Spinnenleichen für mich übrig bleiben würden wäre das eine schöne Abrundung. Also nicht wegwerfen, wenn so etwas anfällt.( aber auch nicht einschnapsen )
Grüße an die Exkursionsmannschaft

Lothar
Die Erfahrung ist wie eine Laterne im Rücken; sie beleuchtet stets nur das Stück Weg, das wir bereits hinter uns haben. Konfuzius

sylvia #1

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Wie Michael zwischendurch einzuwerfen versuchte, ist Linyphe 15-18 eine Pachygnatha listeri, Tetragnathidae.

Martin

Hallo Martin und Michael
Habt ganz lieben Dank für die Korrektur, da habe ich mich ja total vertan und gestern Nacht war ich einfach zu müde zum Weitersuchen, ja und nun brauch ich nicht mehr suchen, nur noch gucken und merken ...

@ Lothar : Klein war nur mein Anteil an dieser Groß - Exkursion! Aber klar bekommst Du mal eine Spinne von mir. Ich habe das irgenwie aus den Augen verloren, dass Du alles für Deine Fotoexperimente brauchst. Da hatte ich ja einiges weggeworfen wie zB die Reste des vom Männchen ausgesaugten Ch.punctorium- Weibchens etc...

Liebe Grüße
Sylvia

Dennis Rupprecht

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Martin[/color][/b] hörte immer mal einen Frosch quaken und so bleib die Hoffnung doch noch Moor zu finden noch ein bischen, aber nicht allzu lange erhalten (Bild 9) .

Hallo Sylvia

Das waren doch die Raben die sich wie Frösch angehört haben?

Grüße,
Dennis

sylvia #1

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Ach Dennis : "Corvus rana tangerensis" also ? ;-)))))
LG
Sylvia

Dennis Rupprecht

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Hallo

Dann füge ich hier noch ein paar tierische Bilder an:

Im Weiße Warte Moor ließ sich gleich ein Admiral porträtieren. (Bild1) Und die Stechmücke ließ sich später nicht beim Trinken stören. (Bild2). Ich wurde recht zerstochen von Bremsen, Mücken, Zecken und Brennnesseln. Das hat dann noch etwas gejuckt, mittlerweile ist das ganz schon fast wieder verheilt.
Auf der offenen Wiese fand Jonathan zuerst diese Zecke, eine Auwaldzecke wie von Sylvia bestätigt wurde (Bild3 - links die erste, die rechte Zecke hatte sich in meinem Schuh verfangen, die hab ich dann erst bei der Rückfahrt bemerkt, als wir beim Aldi eingekauft haben.)
Auf der Wiese waren dann auch schöne Marmorkreuzspinnen. (Bild 4 und 5)
Nach der Wiese folgte ein schattiger Waldweg wo uns ein kleiner Fuchs aus der Ferne beobachtete. (Bild 6) Und beim Rückweg fand Lars schließlich 2 solcher Totengräber, die er gleich mitnahm. (Bild 7)

Grüße,
Dennis

Dennis Rupprecht

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Hier noch 2 Bilder vom Elbe-Altarm:
Zu Anfang hat Jonathan gleich eine Streifenwanze gekeschert. (Bild 1) Sie krabbelte auf meiner Hand und flog davon, zum Glück landete sie nur 2 Meter weiter auf einem Pflocken. Beim Keschern vom Steg aus war dann diese schöne große Wassermilbe dabei. (Bild 2) Die hat Lars mitgenommen zum bestimmen.

Grüße,
Dennis

sylvia #1

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Hallo Dennis
Schöne Bilder!
Den Fuchs hatte ich doch glatt vergessen , dabei mag ich Füchse (nicht nur weil sie meine Namensvettern sind)!
Danke!
LG
Sylvia

Jonathan Neumann

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(nicht nur weil sie meine Namensvettern sind)!

Aha das ist ja spannend, hat der Name Voss im nordischen was mit Fuchs zu tun?

LG,
Jonathan
CHAENA MONNA MOKOPUNG aus Afihla Majantja Vol 3.

Tinto von Matsieng, eines meiner Lieblingslieder

sylvia #1

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Jau min Jung int Plattdütsch is de Fuchs Reineke Voss :-)))
Sylvia