Autor Thema: Hoyers Medium  (Gelesen 7907 mal)

Rainer Breitling

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Re: Hoyers Medium
« Antwort #30 am: 2019-02-19 14:58:57 »
Hallo Jürgen,

Ich habe mir jetzt auch noch Deine Milbenfotos angeschaut; da scheinst Du ja das gleiche Problem mit dem Hoyer-Medium zu haben: das Medium scheint nicht wirklich ins Präparat eingedrungen zu sein, was dann wie Luftblasen aussieht, und es unmöglich macht, die inneren Details zu erkennen. Ich kenne ähnlich Effekte, wenn ich versuche, ein Präparat direkt aus 60% Alkohol in Wintergrünöl zu überführen. Meistens verschwinden die Probleme nach ein paar Stunden.
PhilodromidaeAirbubble.jpg
*PhilodromidaeAirbubble.jpg (120.34 KB . 585x264 - angeschaut 532 Mal)

Woran das Problem bei Hoyers Medium liegen kann, weiss ich aber immer noch nicht, denn das ist anscheinend gut mit Wasser mischbar. Dass es nicht am Medium selber scheitern sollte, ist eigentlich auch klar; die Acarologen nutzen es ja im grossen Stil erfolgreich. Vielleicht haben die Kollegen im Mikroskopieforum doch noch einen Tipp.

Beste Grüsse,
Rainer

Jürgen Guttenberger

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Re: Hoyers Medium
« Antwort #31 am: 2019-02-20 19:00:37 »
Servus Rainer,

die Lufteinschlüsse sind nicht nur im Hoyers Medium ein Problem, auch im WintergreenOil führen diese Einschlüsse zu Verzerrungen, oder verdecken Strukturen.
Hier nochmals der D. rudis Palpus, eben aufgenommen. Er liegt seit dem ersten Test mit WintergreenOil ununterbrochen in diesem Medium, allerdings unter Deckglas. Dies bewirkt hier eine wesentlich bessere Handhabe als ohne Dg.. Die Verdunstung ist stark reduziert und die Positionierung bleibt in der Ursprungslage.
Der große Lufteinschluß ist nun verschwunden, ob diese kleinen Flecken noch welche sind, oder Strukturen im Palpus?

Zeit spielt bei beiden Medien eine entscheidente Rolle, ich werde mit Hoyers Medium mal Lanzeitversuche starten, die Xysticus Vulva bekommt jetzt auf jedem Fall mal einen Klarlackrand um das Deckglas verpasst.
Und den Porrhomma microphthalum Palpus habe ich jetzt mal Deckglasscherben als Auflagepolster spendiert, die Trocknungphase kann jetzt aber etwas dauern, da das Medium doch recht dick aufgetragen wurde.

Echt spannend und die Klarheit ist schon genial, wobei ich momentan eher mit der Variante WintergreenOil+Deckglas+Einlegezeit 4-7 Tage die besten Ergebnisse erziehle.

Gruß Jürgen

Rainer Breitling

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Re: Hoyers Medium
« Antwort #32 am: 2019-02-21 07:13:09 »
Hallo Jürgen,
Super, jetzt sind die Gangsysteme vollständig zu verfolgen (trotz der kleinen verbliebenen Einschlüsse). Bei Wintergrün lassen sich die Probleme übrigens weitgehend vermeiden, und der ganze Vorgang sehr beschleunigen, wenn man das Präparat vorher kurz in 100% Alkohol überführt (Isopropanol funktionierte vermutlich auch). Aber bei Hoyers Medium weiss ich nicht, warum es nicht wie erwartet funktioniert. Kraus schreibt ja, dass man schon nach wenigen Minuten "große Klarheit" erreicht und nach 12–24 Stunden weitere Verbesserung sehen kann. Das sollte also alles viel schneller ablaufen als hier beobachtet. Irgendetwas stimmt da nicht, in der Anwendung oder im Medium selbst. Was sagen denn die Mikroskopieexperten?
Beste Grüße,
Rainer

Jürgen Guttenberger

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Re: Hoyers Medium
« Antwort #33 am: 2019-02-21 10:32:34 »
Servus Rainer,

ich hab eine Anfrage im Mikrskopieforum gestellt bezüglich der Probleme, abwarten..

Hier mal ein erster Stack vom Mini-Porrhomma microphthalmum Palpus nach ca. 16 Stunden Einlegezeit, die Deckglassplitter haben auf jedem Fall schon mal verhindert, dass sich der Palpus verdrückt. Leider habe ich bis jetzt aber viele Lufteinschlüsse unterm Glas. Die Technik funktioniert auf jedem Fall. Man könnte da aber auch Hohlschliffobjektträger verwenden, oder?
Die Aufnahme entstand mit einem uralt 20er von CarlZeissJena aus den 50-60er Jahren. Das Objektiv löst jetzt nicht (mehr?) so gut auf, da wäre mal ein besseres Objektiv sicher keine schlechte Investition. Das 10er vergrößert hier nicht mehr ausreichend.

Ich belasse jetzt mal beide Präparate (Porrhomma+Xysticus) für längere Zeit in Hoyer um den Verlauf zu studieren.

Gruß Jürgen

Martin Lemke

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Re: Hoyers Medium
« Antwort #34 am: 2019-02-21 13:36:56 »
[...], die Deckglassplitter haben auf jedem Fall schon mal verhindert, dass sich der Palpus verdrückt.

Was sagen denn die Mikrokopier-Spezies? Gibt es eventuell Hohlschliff-Objektträger mit tieferer Mulde? Da hätte ich auch Bedarf.

Ich bin schon fündig geworden; bei Hans-Jürgen: https://www.biologie-bedarf.de/products/381321/

Gleich mal bestellen.

Martin
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DAS waren noch Zeiten: Norwegen 2011.

Jürgen Guttenberger

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Re: Hoyers Medium
« Antwort #35 am: 2019-02-26 07:44:46 »
@Rainer,
also die erfahrenen Mikroskopiker sagen, dass sich Hoyers Medium nicht mit Alkohol verträgt, dass ist schon mal eine Fehlerquelle die ich produziert habe, da ich sie nass in nass eingebetet habe. Erst trocknen lassen und dann das Hoyer auftragen, und die Lufteinschlüsse sollten weniger werden bis nicht mehr auftauchen.

Hier mal ein Zitat von Briger, den Verfasser des Manuskripts.

Zitat

    Um ein Präparat transparenter für die zu beobachtenden Strukturen zu machen kann man ein Präparat physikalisch aufhellen (z. B. Nelkenöl, Wintergrünöl) oder chemisch mazerieren also zerstören (z. B. Chloralhydrat, Essigsäure, Milchsäure). Diese Begriffe gehen in der Literatur häufig durcheinander, und ich habe den Unterschied auch erst vor nicht allzu langer Zeit bemerkt. Eines der Hauptproblem bei der Mazeration ist meines Erachtens, dass die für die Mazeration verwendeten Chemikalien oft Bestandteil des Einschlussmediums sind, die zerstörerische Aktivität also anhält, solange das Präparat existiert. Sinnvoller ist es also, ein Objekt in der Mazerationschemikalie für eine Zeit zu belassen, es anschließend mehrfach zu spülen und das Objekt in einem neutralen Medium einzuschließen. Häufiger verwendete Chemikalien findet man in Büchern über histologische Techniken oder z. B. in meinem Artikel (Neuhaus et al. 2017, Seiten 12-14).

Gruß Jürgen

Rainer Breitling

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Re: Hoyers Medium
« Antwort #36 am: 2019-02-26 09:47:33 »
Hallo Jürgen,

Austrocknen lassen würde ich die Präparate auf gar keinen Fall. Dann sind Luftblasen nämlich kaum noch zu vermeiden. Dann vielleicht eher versuchen, aus 100% Wasser in das Medium zu überführen (Kraus schreibt ja "die Einbettung kann unmittelbar aus Wasser ... erfolgen"). Ich bin immer mehr überzeugt, dass das Problem daran liegt, dass Hoyers zu schnell fest wird. Wintergrünöl bleibt flüssig und durchdringt das Präparat innerhalb einiger Minuten bis wenigen Stunden (je nach Grösse). Deine Hoyerexemplare sehen so aus, als hätte das Medium nur ganz oberflächlich gewirkt und sei nicht wirklich in den Pedipalpus eingedrungen. Das könnte daran liegen, dass der Alkohol in der Aufbewahrungslösung sich schneller verflüchtigt als Wasser, oder sich nicht mit dem Medium verträgt. Oder der Wassergehalt des Mediums ist ein klein bisschen zu gering. Oder wir übersehen irgendetwas. Da bleibt nur Experimentieren.

Ich habe übrigens gelesen, dass auch Shuqiang Li, dessen Gruppe im Moment den Standard beim Photographieren schwieriger Spinnengenitalien setzt, Hoyers Medium verwendet. Beispiele findest Du im WSC (die Methoden sind nicht überall detailliert beschrieben, aber ich habe den Verdacht, dass viele der Bilder ohne solche "Tricks", und evtl. Phasenkontrast, nicht zustandekommen können). Wenn die Ergebnisse dann so aussehen, wie in seinen Publikationen, hat sich der Aufwand gelohnt.

Birgers Artikel habe ich inzwischen gelesen. Höchst interessant und vorbildlich analysiert. Da kann man viel lernen. Für den Araneologen ist zu bedenken, dass Hoyers Medium von Kraus ausdrücklich nicht für Dauerpräparate empfohlen wird, sondern zur temporären Einbettung. Im Vergleich zu KOH oder heisser Milchsäure erfolgt die Mazerierung dann viel schonender, wenn überhaupt; vermutlich hilft es auch, dass das Präparat solide eingebettet ist, so dass die Strukturen sich bei der Mazerierung nicht verschieben und verzerren. Ich denke, es ist Konsensus, dass Spinnengenitalien auf Dauer am besten in Alkohol aufbewahrt werden.

Beste Grüsse,
Rainer

Jürgen Guttenberger

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Re: Hoyers Medium
« Antwort #37 am: 2019-04-07 08:40:17 »
Die Präparate habe ich seither in Hoyers´s Medium mit Deckglas eingeschlossen und auf dem Kachelofen getrocknet.

Erste Aufnahmen nach ca. 5 Wochen Verweildauer im Medium vom obig gezeiten Palpus der kleinen Porrhomma microphthalmum.

Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis!
Die anderen Einschlüsse folgen die Tage.

Ps. die 56 Einzelaufnahmen habe ich nur durch HF gejagt, ansonsten keine nennenswerte Bildbearbeitung mit Photoshop.

Gruß Jürgen