Autor Thema: Xysticus cristatus-audax die erste  (Gelesen 30457 mal)

Jürgen Guttenberger

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Xysticus cristatus-audax die erste
« am: 2015-03-04 16:52:07 »
Servus,
gefunden habe ich dieses ca. 4,5 mm adulte Weibchen in einem Mischwald, Oberpfalz am 06.05.2014. Die Beschreibung im Wiki irritiert mich etwas "Die Prosoma-Seiten sind mehr oder weniger dunkelbraun durchgefärbt und nur im hinteren Teil etwas hell aufgebrochen", dies trifft auf das Tier zu. Jedoch die Beschreibung der Epygine "Der Steg zwischen den Gruben ist etwa so breit wie die Gruben selbst" würde eher für X. cristatus sprechen. Der Steg ist in meinen Augen zeimlich schmal.
Die Beschreibung mit dem Prosomadreieck bringt mich auch nicht wirklich weiter. Kann mich wer aufklären?
Ein zweites Weibchen habe ich nur wenige Meter davon entfernt gefunden, gleiche Zeichnung, Epygine nicht so starkt ausgeprägt aber um 1 mm größer. Stelle ich gleich noch ein.

Gruß Jürgen

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #1 am: 2015-03-04 18:13:43 »
Hallo Jürgen,
Ich würde das auch für Xysticus audax halten, vor allem wegen der allgemein fleckigeren/undeutlicheren Färbung. Mich interessiert aber vor allem Deine Bemerkung zum Prosoma-Dreieck. Damit habe ich auch schon Schwierigkeiten gehabt, und ich frage mich nun, ob ich dieses Merkmal vielleicht verkehrt interpretiere. Im Anhang ein paar Bilder aus dem Wiki, in denen ich meine Interpretation eingezeichnet habe. Danach wären alle diese Tiere X. cristatus ("Der Abstand dieser dunklen Zeichnung zu den hinteren Augenpaaren entspricht ungefähr dem dreifachen Abstand der beiden hinteren Medianaugen zueinander", Wiki). Wo liegt mein Fehler? Können die Experten helfen?
Beste Grüsse,
Rainer

Joost Vogels

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #2 am: 2015-03-04 23:32:35 »
You can also read it like this:

measured in pixels; then the ratios are like this:

31:81 crist
31:86 crist
28:85 crist

27:76 aud
29:75 aud
28:75 aud

so, still no 3:1 ratio in cristatus, but there seems to be a difference in the ratio; although the results from three specimens aren't enough to really make such a statement...

Jürgen Guttenberger

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #3 am: 2015-03-05 08:40:16 »
wie funktioniert eure Messmethode?

Jürgen

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #4 am: 2015-03-05 10:18:54 »
Hallo Jürgen,

Wir vergleichen den "Abstand der beiden hinteren Medianaugen" (Querlinie in meinem Bild; vordere kurze Querlinie in Joosts Bild) mit dem "Abstand dieser dunklen Zeichnung zu den hinteren Augenpaaren" (senkrechte Linie in beiden Bildserien). Der Unterschied in den beiden Methoden ist, dass ich den Abstand zum hinteren Mittelaugenpaar messe, Joost den Abstand zu den hinteren Seitenaugen (von der zweiten Querlinie an). Beides passt zum Text im Wiki, wenn ich ihn richtig lese, und in keinem Fall kommt man auf den erwarteten Unterschied im Verhältnis der beiden Längen.

Joosts Methode liefert für X. cristatus Verhältnisse von 2.6, 2.8, und 3.0; für X. audax 2.8, 2.6 und 2.7. Vielleicht gibt es ja noch eine dritte Interpretation, die besser zu den Wiki-Angaben passt?

Beste Grüsse,
Rainer

Jürgen Guttenberger

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #5 am: 2015-03-05 15:21:03 »
Da habe ich mich wohl etwas mißverständlich ausgedrückt, Rainer. Deine Erläuterungen sind mir klar, ich meinte die Technik, wie ihr die Länge der roten Linien vermesst.

Jürgen

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #6 am: 2015-03-05 16:38:15 »
Oh, das mache ich ganz unprofessionell: in Photoshop bekomme ich angezeigt, wie lang die Linie ist, während ich sie einzeichne. Ich nehme an, das funktioniert in anderen Programmen ähnlich. Alternativ kann man auch ein entsprechendes Rechteck markieren, und bekommt dazu Höhe und Breite angezeigt. (Das funktioniert natürlich nur, wenn das Bild entsprechend ausgerichtet ist.)
Beste Grüsse,
Rainer

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #7 am: 2015-03-06 09:12:08 »
Nachdem hier niemand die Wiki-Merkmale verteidigt, habe ich nochmal in der Literatur nachgeschaut. Konkret bei Jantscher, die die wohl umfassendste vergleichende Analyse der bei beiden Arten präsentiert. Wenn ich sie richtig interpretiere, ist eine zuverlässige Unterscheidung nach der Zeichnung nicht möglich, und auch die im Wiki erwähnten Genitalmerkmale sind teilweise nicht ohne Probleme. Sie gibt aber einige Unterschiede an (mit zahlreichen Abbildungen), nach denen man zu einem sicheren Ergebnis kommen kann. Im vorliegenden Fall spricht weiterhin alles für X. audax (vor allem beim zweiten Weibchen sieht man den unregelmässigen Rand der Atria, und auch die ausgeprägten Seitenplatten bilde ich mir beim ersten Weibchen ein). Es wäre natürlich interessant, jetzt ein Vulvapräparat zu sehen, um die Entscheidung abzusichern; das fehlt auch noch im Wiki ;)
Beste Grüsse,
Rainer
PS: Bei Gelegenheit sollten die Wiki-Seiten zu den beiden Arten wohl überarbeitet werden; ich komme im Moment nicht dazu.

Tobias

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #8 am: 2015-03-06 09:23:09 »
Das oben ist sicher audax.

Diese Unterscheidungshilfe stammt eins zu eins aus dem Locket & Millidge, ich habe es gerade nochmal nachgeguckt. Für audax:

central wedge shaped marking indistinct [...] and situated behind the posterior eyes at a distance equal to about twice the distance between the posterior eyes

Für cristatus:

fawn wedge shaped marking [...] situated behind the posterior eyes at a distance equal to about three times the distance between the posterior median eyes.

Ich hoffe, ich habe das richtig übersetzt. Da bei cristatus die hinteren Medianaugen genannt wurden, sind diese wohl immer gemeint.

Tobias

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #9 am: 2015-03-06 09:54:05 »
Klar, die Übersetzung ist schon korrekt, aber wenn man Jantscher folgt, funktioniert die Identifizierung anhand von Zeichnungsmerkmalen nicht. Die abgebildeten Tiere (die ich aus dem Wiki gesammelt habe) scheinen den beschriebenen Unterschied (twice vs. three times) auch nicht zu zeigen. Die Form der Tegularapophyse schliesst sie übrigens ebenfalls ausdrücklich als Schlüsselmerkmal aus.
Beste Grüsse,
Rainer

Guido Gabriel

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #10 am: 2015-03-06 10:19:14 »
Ich verstehe gar nicht so richtig, wo das Problem ist.
Die Bestimmung / Abgrenzung von X. audax und X. cristatus habe ich bislang noch nie als wirkliches Problem gesehen.

Und diese hier hätte ich auch ohne Epigynenbild sofort zu X. audax gesteckt.

LG Guido

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #11 am: 2015-03-06 10:39:24 »
Die Bestimmung / Abgrenzung von X. audax und X. cristatus habe ich bislang noch nie als wirkliches Problem gesehen. Und diese hier hätte ich auch ohne Epigynenbild sofort zu X. audax gesteckt.
Genau das ist laut Jantscher das Problem :) Die beiden Arten sind so schwierig zu unterscheiden, dass manche Experten sie gar nicht auf Artniveau trennen wollten. Und zahlreiche in der Literatur (und im Wiki) zu findende Unterscheidungsmerkmale scheinen nicht wirklich zu passen und haben wohl einiges an Verwirrung gestiftet. Oder ist das alles nur bei Alkoholmaterial so schwierig?
Beste Grüsse,
Rainer

sylvia #1

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #12 am: 2015-03-06 12:53:29 »
Das irritiert mich nun doch sehr: bisher hatte ich hier im Forum gelernt, dass man X.audax eigentlich recht gut von den anderen abgrenzen kann, schon allein, weil keine andere Art so intensiv gefärbt und bunt ist (was ich bei entsprechenden Funden auch wirklich bestätigen kann). ABER ich hatte auch gelernt, dass X.cristatus immer vs kochi zu betrachten sei, weil die sich rein äußerlich so ähnlich sähen, dass man die nur über Genitaluntersuchung auseinander halten könne.Wenn aber nicht mal Genitaluntersuchung halbwegs sicher ist, dann kann man die wohl wie bei Philodromus aureolus -Gruppe nur als Xysticus ack- Gruppe einordenen oder ?
etwas ratlos
Sylvia

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #13 am: 2015-03-06 14:04:44 »
Hallo Sylvia,

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob das Problem wirklich so gross ist, oder ob man die meisten Exemplare doch anhand der Färbung identifizieren kann. Jantscher schreibt zwar, dass es dabei Fehlidentifizierungen geben kann, gibt aber keine Zahlen an.

Hier sind ein paar Beispiele, von Pierres Webseite, wo ich mir nicht sicher bin, ob Färbung und Genitaluntersuchung das gleiche Ergebnis liefern würden.

Tier 1: Habitus, Epigyne, Vulva
Tier 2: Habitus, Epigyne
Tier 3: Habitus, Epigyne
Tier 4: Habitus, Epigyne
Tier 5: Habitus, Epigyne
Tier 6: Habitus und Epigyne

Wer hat Vorschläge, wo diese fünf Exemplare einzuordnen sind, genital oder nach Färbung?

Beste Grüsse,
Rainer

Tobias

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #14 am: 2015-03-06 16:54:28 »
Ich finde das allgemein relativ schwer. Gerade sehr dunkle Männchen sollten nach der Form der prolateralen Apophyse unterschieden werden. Sehr dunkle Weibchen habe ich auch schon sicherheitshalber aufgemacht. Die letzte soll audax sein? Die hätte ich definitiv aufgemacht.

Wiki habe ich mal korrigiert bzw. rausgenommen.

Tobias


Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #15 am: 2015-03-06 18:45:29 »
Was wäre denn Dein "best guess" für die Exemplare 1 bis 5? Mein Blick ist da noch nicht so geschult, und ich habe Mühe, die entscheidenden Indizien zu identifizieren.
Beste Grüße,
Rainer

Jürgen Guttenberger

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #16 am: 2015-03-07 06:51:58 »
hier mal zwei Aufnahmen der Epigyne und Vulva nach Milchsäurebehandlung. Aus dem Vergleich mit den Zeichnungen der UniB. werde ich persönlich auch nicht schlau. Vielleicht kann ja wer anderes hier etwas mehr erkennen?

Jürgen

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #17 am: 2015-03-07 08:28:56 »
Für mich bleibt das Tier ein X. audax. Echte Zweifel gab es in diesem Fall ja auch nicht; die Diskussion bezieht sich mehr auf die allgemeinen Schwierigkeiten. Mit den UniBe-Abbildungen muss man hier vorsichtig sein: die Vulva-Zeichnungen von Heimer & Nentwig und Vilbaste unter X. cristatus beziehen sich wohl auf X. audax.
Beste Grüße,
Rainer

Martin Lemke

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #18 am: 2015-03-07 09:14:03 »
Ich bin froh, dass dieses Thema hier mal ausdiskutiert wird. So einfach wie Guido finde ich es wirklich nicht. Ich glaube, dass die Rate an Fehlbestimmungen zumindest bei mir möglicherweise relativ hoch ist, da ich ausschließlich genital bestimme (wie Theo). Ich kann diese Diskussion nichts konstruktives hinzu geben, möchte Euch aber bitten, das Ergebnis – egal ob eine eindeutige Regel schlussendlich resultiert oder alles nebulös bleibt – im Wiki zu erläutern. Eventuell ist es hilfreich, einen separaten Artikel 'Xysticus cristatus versus audax' zu erstellen.

Rainers T-Skizzen irritieren mich. Über die entsprechende Beschreibung im Wiki hatte ich immer hinweg gelesen: Der Abstand der hinteren Spitze dieses Zeichnungselements zu den hinteren Augenpaaren entspricht ungefähr des zweifachen Durchmessers des Abstandes zwischen den beiden hinteren Medianaugen (Locket G. H. & A. F. Millidge 1951). (Was ist der Durchmesser eines Abstandes?)

Ich hatte es nicht als bestimmungsentscheidend eingestuft. Ist es das? Dann ist Rainers Skizze nicht ganz nachvollziehbar, wenn die gemessene Strecke der jeweilig rot eingezeichneten Linie entspricht, da außer im oberen mittleren Bild anscheinend nie bis zum Ende der Zeichnung gemessen wurde. Ebenso merkt Joost an, dass die hinteren Augen ein anderes Paar ist.

Dafür, dass MILIDGE 'ungefähr' 1:2 schreibt und wir bei beiden Arten fast 1:3 messen, scheint mir dieses Kriterium eher zweifelhaft. Zudem liegen die Messwerte einfach zu dicht beisammen (siehe Skizze im Anhang), um aus 6 ausgemessenen Tieren wirklich Schlüsse zu ziehen. Ich bin daher sehr gespannt, was die weitere Literaturrecherche ergibt.

Für mich bleibt das Tier ein X. audax. Echte Zweifel gab es in diesem Fall ja auch nicht; die Diskussion bezieht sich mehr auf die allgemeinen Schwierigkeiten.

Ich hoffe, diese Diskussion endet hiermit nicht einfach; ich hätte Jürgens Tier nicht anhand der Bilder bestimmen können. Es hat in meinen Augen auch noch niemand anhand von konkreten Kriterien erläutert, woran hier X. audax festgemacht wurde. Die würden mich aber besonders interessieren.

Nach den Epigynenzeichnugen der Uni Bern müsste Jürgens Tier X. cristatus sein, da die charakteristische Ecke am oberen (vorderen) Teil des chitinisierten Mittelstücks der Epigyne nicht erkennbar ist. Dies ist allerdings auch in unserem Wiki nur bei der ersten unter X. audax gezeigten Epigynen der Fall:


Rainers Äußerung:
Mit den UniBe-Abbildungen muss man hier vorsichtig sein: die Vulva-Zeichnungen von Heimer & Nentwig und Vilbaste unter X. cristatus beziehen sich wohl auf X. audax.

Sorgt für weitere Verunsicherung.

Martin

Anmerkung zu meinem Diagramm:
Dort, wo Xysticus steht, sollte eigentlich cristatus stehen
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Tobias

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #19 am: 2015-03-07 11:03:50 »
Rein nach Habitus aus Rainers Liste.

1: X. cristatus
2: X. audax
3. X. cristatus
4. der Winkel ist nicht ganz indeal, sehr klares Folium, X. cristatus
5.  cristatus
6. Die Epigyne sieht nach audax aus, das Bild evlt. durch das starke Licht nach X. cristatus.

Die Vulva von dem Tier hier sieht nach Jantschner doch ganz nach X. audax aus. Alles andere an Zeichnungen schien mir (außer Ono), wie Rainer schreibt, schon immer nicht ganz astrein.

Tobias

Martin Lemke

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #20 am: 2015-03-07 13:03:32 »
Worauf kommt es denn nun an? Eine bloße Artenliste hilft mir nicht. Ich möchte die Arten zu unterscheiden lernen.

Wie gesagt, ging ich bisher von der Ecke der vorderen Epigynenbögen aus (in der Skizze etwas verstärkt dargesetllt). Die sind bei Jürgens Tier nicht vorhanden. Kann bitte mal jemand zusammenfassen, worauf es an kommt?

Martin
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DAS waren noch Zeiten: Norwegen 2011.

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #21 am: 2015-03-07 13:52:08 »
Rein nach Habitus aus Rainers Liste.
Und wie sieht es rein nach den Genitalien aus? Unterstützen die die Habitusidentifikationen?

@Martin: ich hoffe auch, dass wir eine zusammenfassende Beschreibung der Probleme produzieren können. Dafür helfen mir die Bestimmungsversuche anhand der 6 zweifelhaften Exemplare oben: vielleicht lassen sich doch noch die entscheidenden Merkmale herausdestillieren. Je mehr Teilnehmer, desto deutlicher sollte werden, worauf es evtl. ankommt. Wie würdest Du als Genitalbestimmer denn die sechs Tiere einordnen? (Es wird sicher nicht bei allen eindeutig sein, hilft mir aber trotzdem ein Bild zu formen.)

In der Literatur gibt es die verschiedensten Ansichten, und es scheint beinahe, als seien Weibchen gar nicht mit Sicherheit zu unterscheiden, aber das will ich noch nicht glauben...

Beste Grüße,
Rainer

Tobias

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #22 am: 2015-03-07 15:01:31 »
Rein nach Habitus aus Rainers Liste.
Und wie sieht es rein nach den Genitalien aus? Unterstützen die die Habitusidentifikationen?
In der Literatur gibt es die verschiedensten Ansichten, und es scheint beinahe, als seien Weibchen gar nicht mit Sicherheit zu unterscheiden, aber das will ich noch nicht glauben...

Oh, ich sehe gerade, da geht wohl einiges durcheinander. Ich habe mir vorher nicht angeguckt, wo die stehen.

Inbesondere das:
http://arachno.piwigo.com/picture?/7035/category/407-xysticus_cristatus

 und das

http://arachno.piwigo.com/picture?/3559/category/406-xysticus_audax

macht mir bauchweh... Arno hat mit Abstand die meiste Erfahrung mit denen. Er kann da sicherlich mehr zu sagen und meine Hypothesen verwerfen oder unterstützen. Bei denen bin ich mir aber recht sicher, das die nicht ganz korrekt stehen.
Ich habe zwar schon relativ viele von denen bestimmt, mit diesen extrem nachgedunkelten Tieren von X. cristatus habe ich aber nur Vulva-Erfahrung. Sprich, die schneide ich eigentlich auf und nehme mir Zeit.

Schaut man sich Aloys Gallerie genau an, sieht man die typische Zeichnung von X. audax gut.

Die sehen meines Wissens eigentlich so aus:

http://arachno.piwigo.com/picture?/3560/category/406-xysticus_audax
http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Datei:Xysticus_audax_W_7-8315.jpg
http://www.spiderling.de/arages/Fotogalerie/Xysticus/Xysticus_audax_12_1024.jpg

Sehr fleckig, wenige Sandtöne, mehr braun, sehr kontrastreich. Folium mit dunklen Flecken am Rand, die in die Zwischenräume einfließen. Habitat: meist auf Zweigen, gerne niedrigere Koniferen, Ginster etc. und auch an warmen Waldlichtungen auf Baumstümpfen. Die finde ich die oft zusammen mit X. lanio. Im Winter überwintern die Art auch oft im Laubstreu, vlt. kommt daher auch die Angabe in der SpiE.

X. cristatus, nicht nachgedunkelt im Hoch/Spätsommer, eigentlich so:
http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Datei:Xysticus_cristatus_W_7-5463.jpg
http://arachno.piwigo.com/picture?/3527/category/407-xysticus_cristatus
http://www.spiderling.de/arages/Fotogalerie/Xysticus/Xysticus_cristatus_4_1024.jpg

Viele Sand- und lehmfarbene Elemente, Folium tannenbaumförmig, ohne größere dunkle Fleckung am Rand. Habitat: Boden, zwischen Gras (im Grünland) unter Steinen, an Wegrändern. Tendenziell nicht ganz trocken. Gerne auch an ruderale Hochstaudenfluren (z.B. an Bahnhöfen), oft auch zusammen mit X. kochi direkt nebeneinander. Bei uns auf den Fildern sitzt die in jeder Wiese zusammen mit X. kochi. Mal ist die eine häufiger, mal die andere. Letztere mag es eher trocken hier.

Dunkle Weibchen im Sommer sehen meist genau so aus, wie eben Arno sie zeigt.

http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Datei:Xysticus-cristatus_Rotenstein_09-09_03.jpg

Meist die Farbe dunkles Aschgrau, kontrastreiche Elemente wenig vorhanden. v.a. keine mittleren Brauntöne.

Ich hoffe, ich konnte das etwas vermitteln. rein epigynal finde ich die schwer, und Verwechslungen kommen dann oft vor. Das Habitat ist eigentlich auch wichtig, v.a. wenn man einige Tiere hat. X. cristatus findet man meiner Erfahrung nach kaum (Einzeltiere mal ausgenommen) mit dem Klopfschirm, bestimme ich also ein Tier von einer Kiefer auf einer Waldlichtung als X. cristatus und die Farbe ist aber eher so wie oben bei X. audax, sollten die Alarmglocken angehen.

Wie gesagt, das sind nur meine Erfahrungen aus Süddeutschland und auch vom heiligen Meer. In der SpiE stehen da z.T. auch andere Sachen drin.

Tobias


Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #23 am: 2015-03-07 16:51:12 »
Oh, ich sehe gerade, da geht wohl einiges durcheinander. Ich habe mir vorher nicht angeguckt, wo die stehen.
Ich habe mir natürlich die schwierigsten Fälle ausgesucht ;) Vor allem interessiert mich hier, ob die Epigynen- und Vulva-Abbildungen in die eine oder andere Richtung Hinweise geben. Die Frage scheint ja zu sein: soll man, wie im Wiki vorgeschlagen, eher nach der Farbe gehen und die Epigyne als irreführend verwerfen oder umgekehrt, wie oft in der Literatur vorgeschlagen? Oder sind beide nicht wirklich hilfreich und ein Vulvapräparat erforderlich (wie interpretierst Du in dieser Hinsicht Tier 1)? Oder gar gemeinsam gefundene Männchen?

Diskussionen zu den Schwierigkeiten der Unterscheidung findet man übrigens auch in Peter Jägers Diplomarbeit, S. 156ff.

Deine Farbbeschreibung und auch der Hinweis auf die Habitat-Unterschiede ist sehr hilfreich. Wie gut ist in Deiner Erfahrung die Korrelation mit den anderen möglichen Merkmalen? Kommen "Ausreißer" häufig vor?

Mal schauen, ob Arno das alles noch weiter erhellen kann.

Beste Grüße,
Rainer

Pierre Oger

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #24 am: 2015-03-07 21:05:19 »
I did a test today with 6 females in this group.
And finally I think the criteria given by the Roberts are the 'best', ie the break of the curve of the epigynal grove and the median cephalic band blurred at X. audax.
At least it is my opinion and I must be honest, I'm not so confident with both species...
What do you think about ?


Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #25 am: 2015-03-07 21:35:14 »
Great comparison, very interesting. In these 6 specimens, there indeed seems to be a good correlation between prosoma pattern, epigynal shape and the inner structures. But Palmgren and Jantscher are adamant that this correlation doesn't hold in general. The question might be: is this only a problem for rare outliers, while in general an unambiguous identification is possible, or are the mismatches too common for any reliable decisions?

By the way, do your specimens show the match in habitat preferences that Tobias indicated? I.e., do 1 and 3 come from trees or shrubs (higher vegetation, forests), and the other four from more exposed locations, from the ground or low vegetation?

Best wishes,
Rainer

Pierre Oger

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #26 am: 2015-03-07 21:47:08 »
1 and 3 are from beating bushes in a grazed pasture land; other ones from litter and also from lower branches of bushes.
Note I already discovered 2 different males (of each species) at the same place : beating of lower branches of a conifer. It thus seems they can cohabit...

Joost Vogels

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #27 am: 2015-03-07 23:28:57 »
I did a test today with 6 females in this group.
And finally I think the criteria given by the Roberts are the 'best', ie the break of the curve of the epigynal grove and the median cephalic band blurred at X. audax.
At least it is my opinion and I must be honest, I'm not so confident with both species...
What do you think about ?

According to your criteria, i think:

Photo 1:

1: X. audax
2: X. cristatus
3: X. audax

Photo 2:
1: X. cristatus
2: X. cristatus
3: X. cristatus

so... you might have found some interesting habitus character...

Pierre Oger

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #28 am: 2015-03-08 08:54:48 »
Hi Joost,

Yes, that's also what I'm thinking about the ID's.
For the criteria, I didn't find anything... I'm just thinking the criteria given by Roberts are the most adapted !

And here are some measurements where it seems nothing can be hold to separate both species :

Rainer Breitling

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Re: Xysticus cristatus-audax die erste
« Antwort #29 am: 2015-03-08 09:16:44 »
1 and 3 are from beating bushes in a grazed pasture land; other ones from litter and also from lower branches of bushes.
So at least the trend seems to hold. That's good to know.

Zitat
Note I already discovered 2 different males (of each species) at the same place : beating of lower branches of a conifer. It thus seems they can cohabit...
I don't want to be overly critical, but according to the literature, the males are also quite difficult to tell apart, with the standard criteria of the median apophysis and lateral apophysis not always working. Only the tip of the embolus is claimed to allow reliable separation. Is that what you used in this case? (I tried yesterday and find it quite hard to see.)

Your pictures show where the 1:3/1:2 criterion comes from. If one doesn't look for the dark tip, but just the end of the brown area, your specimens can be distinguished on this basis. But for all the animals in the Wiki it doesn't seem to work; even in audax, they have a rather clear triangle. And I am still wondering how to place the five specimens I selected from your web page in my earlier post.

Apparently, Wolfgang Crome considered the two forms simply the extremes of one variable species, but this paper seems never to have been published. Palmgren was of the same opinion, following Thorell, until he discovered difference in the tip of the embolus.

Best wishes,
Rainer