Autor Thema: Was es nur im Fersehen gibt ... Rückreise aus Kassel  (Gelesen 2103 mal)

Martin Lemke

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Katja hatte über mich mal geschrieben, mir würden immer Dinge passieren, die man sonst nur im Fernsehen sähe. Dem möchte ich noch eins drauf setzen...

Dieses Wochenende tagte der AraGes-Vorstand zusammen mit mit einigen weiteren Mitliedern in Kassel (5.2.–7.2.2016) um Dinge rund um die neuen Nachweiskarten zu besprechen. Neben dem Vorstand (Christoph Muster, Hubert Höfer und Peter Michalik) waren dabei: Theo Blick, Wolfgang Nentwig, Michael Hohner, Tobias Bauer und ich.

Neben der Freude die Jungs mal wieder zu sehen und auch mal Wolfgang Nentwig kennenzulernen, wurde viel konstruktives besprochen.

Am Abreisetag war sogar noch Zeit für eine kleine Exkursion zusammen mit Tobias. Kurz vor 12 Uhr fuhren Tobias, Peter und ich mit dem Bus zum Bahnhof. Dort schnackten wir noch ein wenig  und ich stieg dann in meinen ICE erster Klasse in Wagon 27 ein, um meinen reservierten Fensterplatz Nummer 55 zu belegen. Zu meiner Verblüffung saß auf diesem Platz ein dicker älterer Herr und es stellte sich heraus, dass dieser keine Fahrkarte für Platz 55, sondern für Platz 53 hatte und zunächst bestand ich erstmal auf den Fensterplatz, denn diesen hatte ich ja nun mal gebucht, als sich eine Frau zu Wort meldete, welche auf dem Platz hinter diesem Mann saß: "Ich habe auch eine Karte für Platz 55" und zeigte mir ihre Karte.

Das kann ja wohl nicht sein, dachte ich und schaute ungläubig auf mein online gebuchtes und zuhause ausgedrucktes Ticket, während ich zu dem dicken Mann sagte: "Bleiben Sie sitzen, ich nehme einen anderen Platz" (es waren genügend Fensterplätze frei). Entsetzt entdeckte ich auf meinem Onlienticket, dass obwohl ich ins Formular für die Rückreisen den 7.2. eingegeben hatte, mein Rückfahrticket auf den 5.2. ausgestellt war! Ich hätte also am Freitag nach Ankunft in Kassel nach ca. 40 Minuten wieder nach Hause fahren müssen! Verdammt, wie konnte das passieren?

Dem Mann vor dem ich nun saß, meldete sich nun auch zu Wort. Ihm sei fast das selbe passiert. Bei ihm, weil er besonders billige Fahrten gebucht hatte, hätte als Rückreisetermin plötzlich 26.4. auf dem Ticket gestanden, ohne dass er dies bemerkt hatte. Er erzählte, der Schaffner hätte ihm großzügig angeboten, in Fula auszuteigen, aber er hätte dann beim Schaffner für 164 € neu gebucht. Ich antwortete: "Haben die denn keine Plausiblitätsprüfung? Was kann ich dafür, wenn deren Portal so einen Mist baut? Ich fahre nie wieder Bahn!" entrüstete ich mich wütend.

Der Zug hielt nun in Göttingen. Der Mann und die Frau wünschten mir viel Glück, dass ich der Fahrkartenkontrolle entginge. Die Frau vor mir stieg aus und ich wechselte auf ihren Platz (auf der Hinfahrt wurden die Karten der Fahrgäste, welche auf Plätzen saßen, wo vorher schon jemand saß, nicht kontrolliert. – Auf der Hinfahrt saßen mir nach einander drei verschiedene Herren gegenüber, nur der erste von ihnen musste seine Fahrkarten vorzeigen).

Als der Schaffner kam und nach den zugestiegenen Fahrgästen fragte, schaute ich, mein offenes Buch auf dem Schoß, scheinbar entspannt (das war ich nun wirklich nicht!) aus dem Fenster. Gut gegangen. So ging es mir bei jedem Halt. Zwischendurch nahm ich die Annehmlichkeiten der Erste Klasse-Fahrt dankend an. Ich nahm umsonst die Süddeutsch in Empfang und langte zu, wenn Schokolade gereicht wurde.

In Hamburg angekommen, entschloss ich, mein Glück für den Rest der Reise mit dem Regionalexpress nicht nochmal herauszufordern und wollte mir eine Fahrkarte nach Lübeck kaufen. Nach einigen Fehlversuchen schaffte ich am Automaten das Ziel Lübeck zu buchen (14,50 €) , aber der Automat wollte meinen letzten 50er nicht haben und die EC-Karte wollte er gar nicht erst einlesen. Gefrustet suchte ich einen anderen Automaten auf und hoffte insgeheim, nicht an einen Schalter gehen zu müssen, der sich auf der anderen Seite des Bahnhofs befand, weil es nur noch ca. 10 Minuten bis zur Abfahrt waren, ich dadurch den Zug verpasst hätte und ich hätte vielleicht eine Stunde auf den nächsten Zug warten müssen. Ich hatte gerade vorsichtig den ersten Knopf am Automaten gedrückt, als mich von hinten eine Frau ansprach: "Wollen Sie nach Lübeck?" und ich sagte: "Ja, das möchte ich gerne". "Wir haben ein 5er-Ticket und noch einen Platz frei. Kommen Sie mit, wir sind eine große Familie".

Mann, habe ich ein Glück, dachte ich!  Ich half noch das Fahrrad eines kleinen Jungen runter zum Gleis zu tragen. Meine neue Familie bestand nun aus einer Frau aus dem Iran (ohne Kopftuch), einer Frau aus Afghanistan (in schwarzem Gewand und Kopftuch und Augen, aus welche zu lesen stand, dass diese schon Dinge gesehen hatten, die ich niemals sehen will), einer jungem jungen Mädchen aus dem Libanon (mit Kopftuch) und einer weiteren jungen Frau mit Kopftuch und zwei kleinen Kindern. Im Zug wollte die Iranerin 8 €, also 1/5 der Zugfahrkarte von mir – ich gab ihr 10. Froh, Migranten von der ganz anderen Seite kennenzulernen (meine Familie auf Zeit). Es war doch eine schöne Heimreis, wenn auch etwas stressbeladen.

Das ganz Wochenende hatte ich kein Netz mit meinem Handy. Es hatte sich aufgehängt und ich habe die Pin nicht im Gedächtnis. Also musste ich vom Bahnhof noch ein paar Kilometer nach Hause gehen.

Doch, es war ein schönes Wochenende. Beim nächsten Mal warte ich auf das Fernsehteam ...

Martin
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DAS waren noch Zeiten: Norwegen 2011.

Tobias

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Re: Was es nur im Fersehen gibt ... Rückreise aus Kassel
« Antwort #1 am: 2016-02-07 22:53:04 »
Zum Glück bin ich Fernbus gefahren... übrigens für 15 Euro  :P. Aber schön, das so etwas mal passiert.

Tobias

Arno Grabolle

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Re: Was es nur im Fersehen gibt ... Rückreise aus Kassel
« Antwort #2 am: 2016-02-07 23:50:18 »
Ja, wirklich Glück gehabt. Ich habe das aber auch oft so erlebt in den Fernzügen, vor allem, wenn es gen Abend geht. Wenn man nicht gerade am Startbahnhof einsteigt, ist es einem quasi selbst überlassen, ob man das Ticket zeigt. Oft mache ich es inzwischen aus Faulheit nicht – ich habe ja eins, das reicht ja aus.

Arno

Martin Lemke

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Re: Was es nur im Fersehen gibt ... Rückreise aus Kassel
« Antwort #3 am: 2016-02-08 01:42:15 »
Das blöde war, ich hatte ja für hin und zurück bezahlt und musste trotzdem zurück schwarzfahren. Ich kann bei Onlinebuchungen nur empfehlen, mit dem äußersten zu rechnen und jede Kleinigkeit penibel zu überprüfen.

Martin
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DAS waren noch Zeiten: Norwegen 2011.

Jonathan Neumann

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Re: Was es nur im Fersehen gibt ... Rückreise aus Kassel
« Antwort #4 am: 2016-02-08 15:26:50 »
Hallo Martin, Hut ab!

Ich hätte die Krise bekommen und mit zittrigen Händen und hochrotem Kopf dort gesessen. Vielleicht sollte man sich in Zukunft vor der Buchung Screenshots ausdrucken, ob sowas hilft? 164€ Einnahmen für einen selbstverschuldeten Fehler, das ist schon dreist!

Was ich nicht verstanden habe (als Nicht-Smartphonenutzer):
Was hat das abgeschaltete Handy mit dem Nachhause-Laufen zu tun?

LG,
Jonathan
CHAENA MONNA MOKOPUNG aus Afihla Majantja Vol 3.

Tinto von Matsieng, eines meiner Lieblingslieder

sylvia #1

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Re: Was es nur im Fersehen gibt ... Rückreise aus Kassel
« Antwort #5 am: 2016-02-09 00:01:40 »
Ja, wenn einer eine Reise tut   ;D
Mittlerweile bin ich ja fast Pendler zwischen den Welten und pro Hin und Rückstrecke 12h unterwegs mit dieser DB, da könnte ich schon lustige Bücher schreiben inzwischen...

Ich kaufe die Tickets immer online aber dieses Problem hatte ich noch nie. Gut, ich guck mir das ausgedruckte Ticket auch immer gleich an und insofern könnte ich das dann gleich stornieren aber gut zu wissen, dass es zu solchen Fehlern kommen kann. Wenn man das per screenshot absichert Jonathan, dann wäre seitens des Schaffners die Frage schon berechtigt, warum Dir dann der Ticketfehler nicht schon früher aufgefallen ist ;)

Leider habe ich ,was die Kontrollen angeht ganz andere Erfahrungen als Arno. Die konrollieren zumindest auf dieser Strecke penibel genau und bei jedem Schaffnerwechsel muß man das Ticket neu vorweisen, ich bin so auf der Gesamtstrecke schon 4-5x kontrolliert worden. Die wecken einen auch gnadenlos! Und die sprechen schon auch Leute an, die einfach so dasitzen, so nach dem Motto : haben Sie mich nicht gehört/ verstanden ?! Und wenn dann so eine Antwort kommt wie Sie haben mich doch schon kontrolliert dann kommt da : daran kann ich mich nicht erinnern Sie schon gesehen zu haben bitte zeigen Sie mir jetzt das Ticket oder es gibt Ärger.

Die Schaffner sind  menschlich sehr verschieden.

Zwischen Leer und Bremen ist der IC leider auch für den Nahverkehr zugelassen (leider, weil da die Leute den Zug regelrecht stürmen, dieser dann wegen sogenannter Überlast nicht losfahren darf und mit einer bestimmten Verspätung mir schon mal die Fähre wegfährt und man dann in Emden nächtigen darf) und da gilt das Niedersachsenticket. Das muss man aber persönlich unterschreiben! Es gibt immer wieder Schaffner die sind nett und sagen zu Leuten die das vergessen haben : Sie wissen schon, dass Sie das unterschreiben müssen?! Also jetzt sofort unterschreiben! Und dann kontrollieren sie das und gut is. Aber neulichs sass eine ältere, kaum deutsch sprechende Frau hinter mir, die mußte zum Krankenhaus nach Oldenburg, hatte sich ein Niedersachsenticket gekauft (nicht unterschrieben) und verstand die Welt nicht mehr "Aber ich habe Karte, alles bezahlt": der Schaffner wurde echt dreist, holte sofort seinen Kollegen und drohte ihr mit Rausschmiss oder Polizei, wenn Sie nicht sofort die Strafgebühr entrichte. Mehrere Leute sagten dem Schaffner ihre Meinung aber das interessierte den überhaupt nicht. Dann hielt der Zug und beide Schaffner gingen zur Tür und hatten der Frau gedroht nun die Polizei zu rufen. Ich bin dann hingegangen und habe denen gesagt , dass jetzt das Mass voll sei, dass sie die Frau endlich in Ruhe lassen sollen und meine Tischnachbarin hat der Frau derweil einen Kugelschreiber in die Hand gedrückt und gesagt sie soll das Ticket jetzt ganz schnell unterschreiben. Die beiden Kerle grinsten, als ich sie nochmals fragte, ob Sie allen Ernstes jetzt den Zug hier anhielten bis die Polizei käme und sagten voller Häme: Nee, soll sie man zittern wir warten doch nur auf den Gegenzug! Irre und unglaublich fies! Aber das sind glücklicherweise Ausnahmen.

Martin kann von Glück sagen dass er nicht an so einen fiesen Kerl geraten ist.  Ich glaube ich hätte da gesessen wie Jonathan... Uh, schon beim Gedanken an diese Horrorvorstellung wurde mir ganz flau. Den Teil mit Deinem "Harem" dagegen fand ich echt lustig und bezeichnend für die meist sehr freundlichen Südländer.

Das mit dem Handy habe ich auch nicht verstanden, erst dachte ich weil Du Dir kein Taxi rufen kannst aber dann fiel mir ein, dass Taxis doch immer vor jedem Bahnhof rumstehen...
LG
Sylvia

Martin Lemke

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Re: Was es nur im Fersehen gibt ... Rückreise aus Kassel
« Antwort #6 am: 2016-02-09 00:53:44 »
Was hat das abgeschaltete Handy mit dem Nachhause-Laufen zu tun?

Ich sollte abgeholt werden. Abgemacht war, dass ich mich rechtzeitig (telefonisch) melde. Das hätte ich von unterwegs im Zug gemacht, wenn es möglich gewesen wäre.

Sylvia, was Du da berichtest, ist wirklich schlimm. Ich verstehe auch nicht, warum ich eine Fahrkarte unterschreiben sollte. Wie soll das jemand verstehen, der nur unzureichend Deutsch spricht? Normal ist, dass man eine Fahrkarte kauft und sie dann benutzen kann. Das ist überall auf der Welt so, außer wohl bei einigen Fahrkarten in Deutschland. Mir wäre so ein Auftreten von Landsleuten unendlich peinlich.

Martin
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DAS waren noch Zeiten: Norwegen 2011.