Autor Thema: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=  (Gelesen 2171 mal)

Mario Finkel

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Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« am: 2021-03-12 20:07:02 »
Hallo zusammen,

gehe ich recht in der Annahme, dass ich hier Gasteracantha cancriformis fotografiert habe?

Vielen Dank und viele Grüße,
Mario

Funddaten:
Panama, Provinz Bocas del Toro, Hauptinsel Isla Colón, Playa Estrella, 07. August 2018 (Foto: Mario Finkel)

Jonathan Neumann

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis?
« Antwort #1 am: 2021-03-12 20:15:20 »
Hallo Mario,

als Laie für die Region würde ich ja sagen.

Diesen Kommentar kann ich mir nicht verkneifen, da die sich ja alle sehr ähnlich sehen:
In Südafrika wäre das die Kite Box spider (Isoxya) und in Australien dann die Christmas spider (Austracantha minax)

LG,
Jonathan
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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis?
« Antwort #2 am: 2021-03-12 20:31:57 »
Hallo Jonathan, ohne jetzt zu googeln und von alleine komme ich jetzt nicht drauf. was macht deren ökologische Nische so gleich? Ich finde Konvergenzen sehr aufregend. Ist der Abschreckungsphänotyp so optimal? Na ist wahrscheinlich ne doofe Frage, so genau weiß das wohl keiner.
Grüße Viktoria

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Jonathan Neumann

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis?
« Antwort #3 am: 2021-03-12 21:54:02 »
Hallo Viktoria,


ach die werden schon alle verwandt sein, sind ja alle Araneidae[/i Nee die lassen sich schon opinieer Foto gut untrscheiden und kommen ja auch nicht zusammen vor.

Aber ich war schon immer sehr fasziniert von diesen stacheligen Araneiden.

LG,
Jonathan
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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis?
« Antwort #4 am: 2021-03-12 22:45:08 »
Hi Jonathan,

Kannst du ein paar Beispiele für konvergente Entwicklungen bei Spinnen nennen,  also nicht Beispiele in denen andere Tier- oder Pflanzengruppen wie bei Mimikry oder Mimese nachgeahmt werden, sondern  die Erscheinung gleicher Merkmale unterschiedlichen Ursprungs innerhalb der Araneae?
Grüße Viktoria

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Jonathan Neumann

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis?
« Antwort #5 am: 2021-03-12 22:55:36 »
Hallo Viktoria,

führt etwas weiter weg zur Bestimmungsanfrage aber Mario freut sich bestimmt genauso über Zusatzinfos:

zum Körperbau wüsste ich auf Anhieb nichts, aber Verhalten/Netzdeko:

Sich Dreck ins Netz hängen oder gerade ein eingerolltes Blatt, sowas gibt es öfter.
Bewusst 3 Beispiele, die nicht miteinander verwandt sind:
Parasteatoda lunata, Araneus alsine, Phonognatha graeffei.

Hoffentlich kann uns Tobias da noch weiter helfen.

LG,
Jonathan

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Tobias Bauer

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis?
« Antwort #6 am: 2021-03-13 11:19:20 »
Um mal zur wissenschaftlichen Bestimmung zurückzukehren, was ja die ursprüngliche Frage war:

Levi (1978, 1996, 2002) hat damals die vielen Synonyme der Art unter G. cancriformis gestellt, inklusive G. tetracantha mit vier Stacheln. Aufgrund der hohen phänotypischen Variabilität und extrem weiten Verbreitung gab es daher natürlich immer die Idee, dass es doch "kryptische" Arten unter diesem Namen (G. cancriformis) gibt.

Im Letzten Jahr wurde aber von Chamberland et al. untersucht/publiziert (sehr lesenswerter Artikel, ist OA), ob Levi's "single widespread New World species hypothesis" auch molekulargenetisch Bestand hat. Und die Antwort ist, mit etwas Einschränkung, ja. Obwohl einige Populationen/geographische Bereiche (Karibik, Mittel u. Südamerika) genetisch divergieren, scheint das nicht genug zu sein, um einen eigenen Artstatus dieser zu rechtfertigen. Vielleicht in 1-3 mio Jahren?

Interessant im Bezug auf Konvergenz ist auch folgender Satz:

"We found evidence that spine number was an important predictor of island locality and was highly specific to island. For instance, six-spined and four-spined Gasteracantha did not occur on the same island and neither are monophyletic."

Was ist der ökologische Hintergrund? Weniger Druck auf die Ausbildung von vielen Stacheln auf den einzelnen Inseln? Und zwei gehen dann verloren?

Der Locus Typicus ist übrigens: America   ::)

Chamberland, L., Salgado-Roa, F. C., Basco, A., Crastz-Flores, A., Binford, G. J., & Agnarsson, I. (2020). Phylogeography of the widespread Caribbean spiny orb weaver Gasteracantha cancriformis. PeerJ, 8, e8976.

Tobias


Mario Finkel

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis?
« Antwort #7 am: 2021-03-13 11:57:36 »
Moin zusammen,

vielen Dank für die rege und interessante Diskussion! :)

Tobias, dir besonderen Dank für die interessanten Informationen und die Verlinkung zur Publikation! :) Sofern ich alles richtig verstanden habe, gibt es aktuell tatsächlich erstmal nur die eine Art am Fundort.

Viele Grüße,
Mario

Jutta Asamoah

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #8 am: 2021-03-13 13:54:32 »
Hallo zusammen,

nur eine Laienbeobachtung.
In Ghana gibt es (mindestens) zwei Spinnenarten, die auch drei Stachelpaare haben und von den Proportionen her sehr ähnlich sind. Leider weiß ich nicht, ob es da eine Verwandtschaft gibt, vielleicht haben die sich auch parallel zu anderen Populationen entwickelt und gehören ganz anderen Familien an. Die Namen weiß ich auch nicht, beide sind synanthrop (zumindest kenne ich sie nur aus Städten) und bauen oft Netze an senkrechten Strukturen, wie z.B. Stangenbohnen. Sie sind klein, vielleicht 5mm. Eine Art ist rotbraun, die andere auch rot, aber mit gelben Flecken oder Streifen auf dem Opisthosoma.
Das war jetzt nicht wissenschaftlich, aber vielleicht interessiert es trotzdem jemanden.  :-\

LG
Jutta
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Jonathan Neumann

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #9 am: 2021-03-13 14:19:15 »
Mal kurz gegoogelt  mit spiny orb weaver ghana, passt das: Gasteracantha curvispina?

LG,
Jonathan
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Jutta Asamoah

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #10 am: 2021-03-13 15:19:54 »
Mal kurz gegoogelt  mit spiny orb weaver ghana, passt das: Gasteracantha curvispina?

LG,
Jonathan

Ja, ich glaube das ist sie, vielen Dank! Ich suche gerade nach Fotos von Exemplaren beider Geschlechter, um herauszufinden, ob es zwei unterschiedliche Arten gibt oder ob die Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen einfach so groß sind, dass ich an zwei Arten dachte. Bin aber noch nicht fündig geworden.

LG
Jutta
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Jonathan Neumann

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #11 am: 2021-03-13 16:14:52 »
Generell scheinen bei diesen stacheligen Araneiden (spiny orb weaver) die Männchen total anders auszusehen, als die Weibchen, also auch viel weniger stachelig.

lg,
jonathan
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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis?
« Antwort #12 am: 2021-03-13 17:27:02 »
Tobias, dir besonderen Dank für die interessanten Informationen und die Verlinkung zur Publikation! :) Sofern ich alles richtig verstanden habe, gibt es aktuell tatsächlich erstmal nur die eine Art am Fundort.

Genau, und auch sonst keine Verwechslungsart. Das sollte sich auch so schnell nicht ändern.

Diese Stachelaraneiden gibt es ja überall in den Tropen/Subtropen (einige gibt es auch in den USA) und sind taxonomisch meist schlecht bearbeitet. Dank H.W. Levi weiß man aber viel über diese Gruppe in den Neotropen und kann sie recht gut bestimmen, was sie auch der weiteren Bearbeitung geöffnet/ dafür attraktiv gemacht hat. In Afrika sind die aber nicht gut bearbeitet, und ich kann unsere am SMNK nicht wirklich bestimmen. Daher wäre ich mit Bestimmungen vorsichtig. Man sieht daran, wie wichtig grundlegende Taxonomie (Welche Arten sind da, wie sehen sie aus) als Grundlage für weitere Forschung ist.

Die große Frage ist weiterhin, ob diese ganzen Gattungen in den Tropen von Südamerika bis Australien monophyletisch sind.

Jonathan Neumann

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #13 am: 2021-03-13 18:46:12 »
Eine Frage, die sich mir vorhin schon gestellt hat: Warum gibt es sone stacheligen Spinnen nicht in den gemäßigten Breiten?

Pycnacantha tribulus treibt es mit auf die Spitze finde ich:
https://www.kyffhauser.co.za/Goggastories/Goggastories_No_10_Hangende_Motvanger.pdf

LG,
Jonathan
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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis?
« Antwort #14 am: 2021-03-14 12:09:33 »

Die große Frage ist weiterhin, ob diese ganzen Gattungen in den Tropen von Südamerika bis Australien monophyletisch sind.

Dann ist meine Eingangsfrage, ob die Stacheln konvergent entstanden sind, doch gar nicht so unwissenschaftlich ;-)

Gehe ich recht in der Annahme, dass diese besagten Stacheln als Abwehr gegen potentielle Räuber sich eher gegen Vögel richtet?
Grüße Viktoria

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Jonathan Neumann

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #15 am: 2021-03-14 16:06:56 »
ja, ich denke überwiegend als Schlucksperre dürfte das ngedacht sei
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Jutta Asamoah

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #16 am: 2021-03-14 16:55:20 »
Reptilien zählen vermutlich doch auch zu den Prädatoren, gerade in tropischen Gebieten, oder?
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Jonathan Neumann

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #17 am: 2021-03-14 17:01:29 »
aber aus nem Radnetz raus? allenfalls chameleons?

LG,
Jonathan
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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #18 am: 2021-03-16 14:27:16 »
Eine Frage, die sich mir vorhin schon gestellt hat: Warum gibt es sone stacheligen Spinnen nicht in den gemäßigten Breiten?
Pycnacantha tribulus treibt es mit auf die Spitze finde ich:
https://www.kyffhauser.co.za/Goggastories/Goggastories_No_10_Hangende_Motvanger.pdf

Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, dass die Art dort unten wahrscheinlich recht häufig ist, sie aber seit Simon (1895) nicht wieder abgebildet wurde. Beschreib die doch mal wieder und leg einen Neotypus fest. Typenmaterial wird es von Fabricius nicht geben.

Einige Stachelgattungen sind bis nach Ohio, USA rein verbreitet, also gemäßigte Breiten. Das sind aber wenige. Das korrelliert eventuell lose mit der Verbreitung/Abundanz von kleinen Echsenarten, wenn das wirklich ein Schluckschutz ist, wie in der Literatur teilweise angedeutet (wahrscheinlich sind die Gründe aber viel komplexer und Krypsis spielt ebenfalls eine Rolle). Spinneneintragende Wespen gibt es ja in diesen Breiten zuhauf. Wenn man das dann noch mit konvergentem Entstehen nachweisen kann, kann man sich das Journal fast aussuchen...

Jonathan Neumann

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Re: Panama: Gasteracantha cancriformis? <=
« Antwort #19 am: 2021-03-16 18:13:26 »
Hallo Tobias

ich jetzt nicht ganz mitgekommen:

Was haben die Wespen mit  der Stachelentwicklung zu tun? Stören die Stacheln beim Transport und werden diese dann gemieden? Soweit ich weiss, sind die Grabwespen nicht spezialisert und sammeln aus den verschiedensten Familien u erkenne die Beute glaube olfaktorisch und nicht optisch.

Mich würde mal interessieren, ob es Fotos von juvenilen Tieren gibt, da suche ich mal.

lg,
jonathan
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