Autor Thema: Aus der Perspektive einer Hauswinkelspinne - Wer kann helfen?  (Gelesen 1468 mal)

Regina Rechsteiner

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Liebe Arachnolog*innen und Spinnenkenner*innen,

ich bin Autorin, recherchiere für einen Roman und interessiere mich (als absolute Anfängerin) für Spinnen. In meinem neuen Roman lasse ich die Erzählerin zu einer Spinne werden - genauer zu einer großen Winkelspinne (Eratigena atrica). Um aus der Perspektive einer Spinne schreiben zu können, muss ich wissen, wie eine Spinne empfindet (sinnlich sensorisch), was sie wahrnimmt, wie sie reagiert und wie sie sich verhält. Der nicht-menschliche Körperbau zieht viele Fragen nach sich. Wie z.B. Wie sieht eine Spinne mit 8 Augen - sieht sie 8 Bilder parallel und kann jedes Auge an eine andere Position setzen oder verschmelzt das Bild zu einem großen ganzen Rundumblick? Oder hört, riecht und schmeckt eine Spinne? Und wenn ja, wie? etc.

Meine Fragen sind daher: Kann mir jemand gute Literatur (auch für Laien einigermaßen verständlich) empfehlen, in der ich solche Fragen für mich beantworten kann? Gibt es eine Exper*in, der/die Lust hat, mit mir zu telefonieren und sein Wissen mit mir zu teilen?

Natürlich bin ich mir bewusst, dass man sich der Perspektive eines Tieres immer nur annhähern kann. Dennoch möchte ich das mit diesem Projekt möglichst authentisch tun. Und daher würde ich mich sehr freuen, wenn jemand Lust hätte, mir zu helfen.

Herzliche Grüße
Regina Rechsteiner

Jutta Asamoah

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Hallo Regina,

nochmals herzlich willkommen im Forum.

Ich habe deinen Beitrag hierher verschoben, da es sich nicht um ein Projekt des Forums handelt.

Was für eine interessante Anfrage!

Leider kann ich über die Ausführungen hier im Spinnen-Wiki hinaus keine fachlichen Informationen bieten. Du findest jedoch in den Quellen des Artikels zu Eratigena bzw. Eratigena atrica einige Artikel, die dir weiterhelfen.

Ganz unabhängig von Fachartikeln würde ich dir aber das Halten einer Eratigena im Terrarium empfehlen. Durch deren Beobachtung lernt man viel über Jagdverhalten, Motorik, Körperbau und andere Charakteristika.

Wenn du gerade keine in deiner Wohnung findest, kann ich dir sehr gerne mein Männchen zuschicken. Es ist ein gerade frisch gehäutetes erwachsenes Tier, das ich die letzten Wochen in einer Glasvase gehalten hatte um mich etwas mehr mit dieser Gattung anzufreunden.

Es ist besonders faszinierend den Bau der Wohnröhre von Anfang an zu beobachten, das kann man mit freilebenden Tieren nicht so im Detail nachvollziehen.

Kennst du eigentlich Ananse, den Spinnenmann? Es ist die Hauptfigur der ghanaischen Tiermärchen, eine Mischung aus Spinne und Mensch. Verschlagen, raffiniert, bauernschlau und eigennützig. Ein Trickster, der oft selbst Opfer seiner Ränke wird.
Vielleicht möchtest du über ihn oder auch über Ntekumah, seinen cleveren Sohn mehr erfahren. Da könnte ich dir Literaturtipps bzw. Links schicken.

Viel Erfolg bei deinem Vorhaben!

Liebe Grüße
Jutta



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Regina Rechsteiner

  • Beiträge: 3
Hallo Jutta,

vielen Dank für deine nette Nachricht und auch die Aufnahme ins Forum!
Danke auch für Verschieben - ich war mir nicht sicher, wohin der Beitrag am besten passt.

Die Artikel zur Eratigena werde ich mir auf jeden Fall ansehen. Ich hatte bisher im Spinnen-Wiki nur allgemeine Infos, die über alle Arten hinweg gelten, gelesen.

Also das mit dem Spinne Halten, ist ein interessanter Gedanke, auf den ich selbst noch gar nicht gekommen bin. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto spannender finde ich es. Ich werde mich mal einlesen in Bezug auf die richtigen Haltungsbedingungen und mich noch mehr einfühlen, ob ich mir das zutraue. (Ich fürchte mich auch ein wenig vor diesen Tieren--;-) ) Wir wohnen im EG - ich vermute, ich werde da im Herbst auf ein Exemplar stoßen. Aber falls nicht, würde ich mich nochmal melden.

Ananase und Ntekuma kenne ich noch nicht - da freue ich mich über Literaturtipps. Bislang habe ich eine Anthologie mit europäischen Spinnengeschichten durchgesehen, habe aber noch nichts passendes gefunden. Bis auf den Arachne-Mythos natürlich, auf den ich als Ausgangspunkt nehmen werde.

Herzlichen Dank für deine Unterstützung und Ideen!

Liebe Grüße
Regina


Benjamin Fabian

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  • Beiträge: 87
Hallo Regina,

das ist ein interessantes Projekt!

Einfach zu verstehende Literatur über die sensorische Wahrnehmung von Spinnen, die dann auch noch akkurat ist, ist recht schwierig zu finden. Eigene Recherchen haben da zumindest nicht viel ergeben. Und falls man etwas findet, ist der Umfang recht überschaubar. Ein Problem ist dabei sicherlich auch, dass selbst in der Wissenschaft beispielsweise das Thema der chemischen Wahrnehmung (Geruch, Geschmack) bei Spinnen sehr lange vernachlässigt wurde und auch heute noch eher stiefmütterlich behandelt wird. Bei Insekten wurde da in den letzten drei Jahrzehnten deutlich mehr erforscht (ist durch genetisch veränderte Organismen mittlerweile aber auch wesentlich einfacher als bei Spinnen).

Das Buch "Spider Ecophysiology" von Wolfgang Nentwig (2013) würde inhaltlich für das Projekt sehr gut passen. Es beinhaltet zwei Kapitel über chemische Wahrnehmung und weitere Kapitel, die interessant sein könnten, wie bspw. über das Bewegungssystem, Immunsystem oder die Atmung. Es ist allerdings ein wissenschaftliches Buch (in Englisch) und deshalb nicht ganz so zugänglich. Aber auch als Laie wird man sicherlich einiges verstehen. Falls Interesse an dem Buch besteht, wird sich sicherlich irgendwo eine PDF finden lassen.

Für das visuelle System von Spinnen gibt es bei Wikibooks eine recht gelungene Einführung: https://de.wikibooks.org/wiki/Sensorische_Systeme/_Arthropoda
Der Spinnenteil geht etwa in der Mitte der Seite los.

Hier ist noch ein Link, in dem das hydraulische System, das für Beinbewegungen zuständig ist, ganz gut umrissen wird: https://infinitespider.com/spider-legs-work/

Gruß,
Benjamin

Regina Rechsteiner

  • Beiträge: 3
Hallo Benjamin,

vielen Dank für deine Nachricht und deine spannenden Lektüretips!

Als mir die Idee mit der Spinne als Erzählerin kam, war mir auch nicht so ganz klar, was das nach sich ziehen würde ;-) Aber ich finde das sehr faszinierend und je besser die Recherche, desto überzeugender der Text hoffentlich..

Ich habe gerade geschaut, das Buch von Wolfgang Nentwig gibt es bei uns in der Landesbibliothek - das werde ich mir ausleihen und die von die erwähnten Kapitel rauskopieren. Und die Links über die Bewegung und das Auge sind auch super. Ich denke, Bewegung und Sicht sind sicherlich besonders wichtig für die Beschreibung der Wahrnehmung, etwas über den Geschmack zu wissen wäre auch spannend, ist aber glaub ich nicht ganz so relevant wie das Sehen und das Bewegen, um erzählen zu können.

Also ich beginne dann mal mit Lesen...

Herzlichen Dank und liebe Grüße
Regina


Roman Pargätzi

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Salü,

So gut wie die Springspinnen, die im oben zitieren Wiki-Beitrag vorkommen, sieht die Hauswinkelspinne kaum. Ein Springspinne verfolgt dich mit den Augen, wenn du sie fotografierst, eine Winkelspinne nicht.
Ich habe vor Jahren einen Winter lang eine junge Grosse Winkelspinne (Eratina atrica, damals noch Tegenaria atrica), die in einem Blumentopf im Keller lebte, gefüttert, und mit der Zeit ist sie aus ihrer Röhre herausgekommen, bevor ich nahe am Topf war. Ich nehme an, sie hat meinen Schritt mit dem Futter in Zusammenhang gebracht.

Als Winkelspinne musst Du dich nicht nur vor der Klatsche der Hausfrau, sondern auch vor einigen andern Spinnen hüten … (Beispiele in meinem Thread «Begegnungen»).

Herzlich, Roman

Roman Pargätzi

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  • Beiträge: 2386
Salü zum Zweiten,

Sylvia hatte da mal ein paar Links zum Geruchsinn etc. der Spinnen zusammengestellt:

https://forum.arages.de/index.php?topic=27613.msg161136#msg161136

Herzlich, Roman