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Projekte (Projects) => Phantomarten => Thema gestartet von: Rainer Breitling am 2015-01-09 12:52:34

Titel: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-09 12:52:34
Die ausführliche Dokumentation von neuen Phantomarten habe ich jetzt erstmal eingestellt, bis die bisher geklärten Fälle publiziert sind. Ich schlage vor, neue Kandidaten hier kurz zu melden, so dass sie nicht verloren gehen:

Gonatium strugaense: http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Gonatium_strugaense - Typen verloren (Deltshev), wahrscheinlich keine Gonatium-Art (Millidge)

Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Michael Hohner am 2015-01-09 13:44:33
Das erklärt dann wohl auch das: http://forum.spinnen-forum.de/index.php?topic=18795.0
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-09 14:40:27
Und umgekehrt ;) Deine Nachfrage hatte mich dazu gebracht, diese Art mal genauer anzuschauen.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-01-09 16:23:35
Vlt. ein schwierigerer Fall: Ich halte Xysticus albomaculatus Kulczyński, 1891 für ein Synonym einer anderen, häufiger gefundenen Art, woraus sich auch das merkwürdige Nachweisgebiet erklären würde. Ich habe bisher nur keine Entsprechung gefunden. Der Palpus und die Vulva weißt aber Ähnlichkeiten mit der acerbus-Gruppe auf.

Leider habe ich die Doktorarbeit von E. Jantscher nicht, ich gehe aber mal davon aus, das die Typen von Kulczyński abgebildet hat.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-10 10:36:13
Hallo Tobias,
In der Tat ein interessanter Fall, aber laut Jantscher keine Phantomart, sondern evtl. nur ein entfernter Verwandter der Xysticus-Arten, der in eine eigene Gattung gehören könnte. Die Typen sind wohl verloren gegangen, aber sie bildet die Art nach neuen Funden ab. Ich habe Dir ein Exemplar der Dissertation per E-mail geschickt.
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-01-10 12:46:27
Danke. Bleibt für mich aber eine rätselhafte Art, inbesondere deren Verbreitung.

Ich sehe gerade auch, die Uni Bern lässt die Nachweise aus Österreich von J. Wunderlich vermissen.

Ich schreibe Daniel Gloor eine Mail.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-11 11:07:20
Was hältst Du von der Idee, dass es sich bei X. albomaculatus um ein Synonym von Bassaniana versicolor s. lat. handelt? Wenn man sich die Beschreibung bei SpiE anschaut, gibt es da für mich kaum einen Zweifel, auch angesichts des Vorkommens von X. albomaculatus auf Baumstämmen.
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-11 11:09:39
Weiterer Kandidat: Xysticus lendlii (nach Erstbeschreibung nicht mehr revidiert, aber evtl. in Ungarn wiedergefunden?)
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-01-11 11:31:58
Also ich habe jetzt mal zusätzlich die Abbildungen in Paquin & Dupérré (2003) von Bassaniana versicolor angeguckt. Die Palpen sehen schon sehr nach Xysticus albomaculatus aus, die Vulva unterscheidet sich etwas stärker, die Epigyne aber ist wiederum sehr ähnlich. Genauso Xysticus lendlii. Ich denke, du hast die richtigen Kandidaten gefunden.

Vielleicht existieren noch die Typen von ersterer?

Tobias


Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-11 12:54:51
Die Typen von B. versicolor sollten noch existieren (in London). Die der europäischen (Unter)Art baudueri leider nicht. Aber da die nach juvenilen Exemplaren beschrieben wurde, ist das kein echter Verlust. Jantschers und Kulczynskis Bilder passen besser zu den europäischen Exemplaren, als zu den diversen amerikanischen Arten, und ich denke, dass es sich angesichts dieser Konsistenz über den ganzen Kontinent wohl doch um eine eigene Art handelt: das wäre dann Bassaniana albomaculata, wenn man baudueri als nomen dubium auffasst.
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-01-11 19:44:13
baudueri wurde aber gerade erst von Déjean & Ledoux (2013) wieder aus der Nomina dubia-Schublade geholt und für valide erachtet (gibt auch Abbildungen). Damit wäre also B. baudueri (Simon, 1877), wenn man die in den Artstatus erheben würde, das senior synonym für Xysticus albomaculatus Kulczyński, 1891. Stimmt das so oder ist die obere Bearbeitung der Art nicht ganz korrekt gewesen?

Tobias

Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-12 07:41:51
In der Arbeit von Déjean und Ledoux geht nomenklatorisch einiges durcheinander. Sie halten baudueri (Simon, 1877) ebenfalls für ein nomen dubium, meinen das aber dadurch lösen zu können, dass sie das Veröffentlichungsdatum auf 1932 verschieben und einen (Pseudo)"Lectotypus" festlegen, der im Jahr 1918 gesammelt wurde. Nach den Regeln ist das natürlich nicht. Es ist ein ziemlich vertrackter Fall.
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-01-12 15:50:12
Ohje, das schaue ich mir heute abend mal an.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-01-13 11:45:45
Aelurillus simplex (Herman, 1879)

weiterer Fall? Weibchen unbekannt, seit der Erstbeschreibung nie wieder gefunden bzw. beschrieben (laut WSC). Typusmateriel wahrscheinlich aus Ungarn.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-01-13 15:45:52
Tmarus punctatissimus (Simon, 1870)

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-13 16:33:44
Interessanter Fall. Vielleicht ein (älteres!) Synonym von Tmarus horvathi. Sollte aber als nomen oblitum durchgehen...
Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-01-20 15:22:06
Araneus v-notatus (Thorell, 1875)   

evtl. eine Variante von A. sturmi/triguttatus?

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-01-25 16:28:58
Uloborus pseudacanthus Franganillo, 1910

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-01-26 10:21:15
Im Grunde ist ja alles suspekt, das aus der Zeit der Jahrhundertwende oder davor stammt und zu dem es weniger als 2 Publikationen gibt. Um die Suche zu systematisieren, könnte man folgendermßen verfahren:
1) Schaue in die Liste der lückenhaften Artikel (http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Kategorie:L%C3%BCckenhaft)
2) Schaue jeweils beim WSC nach
Unsicherheitsfaktor: Publikationen, die der WSC (noch) nicht hat; z.B. Aculepeira armida pumila (http://www.wsc.nmbe.ch/species/2408) (Simon, 1929)

Hier, was ich in diesem Verfahren gefunden habe:
Aculepeira carbonaria fulva (Franganillo, 1913) (http://www.wsc.nmbe.ch/species/2412)
Wird nur in einem Dreizeiler beschrieben: "55. Epelra carbonarla L. K., varo fulva Fran. - Tegumen-tos leonados; seis manchas amarillas en forma de media luna 'de-bajo de las hileras. Cogida en los montes junto á su negruzca oote-ca, hacia el 20 de Julio."

Nomen dubium?

Acartauchenius derisor (Simon, 1918) (http://www.wsc.nmbe.ch/species/14051)
Beschreibung dürftig: "Dilfère de T. nasuta*
Cambi*, par le processus céphalique assez grêle dès la base, presque
cylindrique et longuement pileux . dressé et un peu incliné en arrière,
brusquement terminé par un très petit lobe ovale et oblique très briè­
vement pédicule. Les yeux médians postérieurs situés de chaque côté
à sa base. L’apophyse tibiale vue en dessus droite, large, à la base
mais très atténuée subaiguë, vue de profil arquée non coudée. Cépha­
lothorax brun rouge foncé. Abdomen noir. Pattes assez courtes, jaune
lestacé avec les patelins obscurcies, les tibias annelés de noirâtre à
l'extrémité. — Long. l,0 mm
Hautes-Pvrénéos : Gavarnie!"

Allerdings fehlt die zweite Publikation von Simon (1926) im WSC.

Nebeneffekt der Verfahresweise:
Weil man die Quellen lesen muss, ergibt sich die Gelegenheit, Lückenhafte Artikel mit etwas Beschreibung aufzuwerten.

Natürlich ist das mühsam, aber wenn man sich die Recherche teilt, ist vielleicht ein gutes Stück zu schaffen und der Erfolg hängt nicht nur von zufälligen Ereignissen ab (z. B. es fällt einem bei anderweitiger Recherche eine potentielle Phantomart auf).

Man könnte sich die Recherche nach Anfangsbuchstaben aufteilen.

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-26 11:50:33
Hallo Martin,

Hört sich interessant an, wenn auch immer noch nach ziemlich viel Arbeit. Aber Du hast recht, eine solche möglichst komplette Liste der Verdachtsfälle wäre hilfreich, und die könnte man dann nach und nach abarbeiten (wenn auch nicht gleich mit derselben Tiefe wie auf der Phantomarten-Seite). Es ergäbe sich zumindest eine klare Übersicht auf Europa-Niveau.

Die Arten und Unterarten von Franganillo sind wohl grundsätzlich suspekt. Ich glaube Brignoli hat den Pater mal als den schlechtesten Taxonomen des 20ten Jahrhunderts bezeichnet :)

Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-01-26 23:45:27
Man kann da nur nach und nach dran arbeiten, weil es so ein Fass ohne Boden ist; es frustriert sonst, da man kaum voran zu kommen scheint. Wie gesagt, es fallen zudem solche Fälle durch die Rasterfahndung, welche man mangels Literaturzugriff nicht überprüfen kann.

Ich habe jetzt von Acantholycosa norvegica bis Alioranus pauper geprüft und habe erst mal die Nase voll. Aber so können wir uns wenigstens ein wenig an eine halbwegs vollständige Liste heran tasten.

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Michael Hohner am 2015-01-28 15:11:22
Aus der ital. Checkliste:

87 Dendryphantes lanipes C.L. Koch, 1846 Species inquirenda (Hansen 1986: 251).

6 Tegenaria advena (C.L. Koch, 1841) Nomen dubium (Bolzern et al., 2013). Species inquirenda (Brignoli, 1971:
88, Trotta, 2005: 74).

35 Zelotes bimaculatus (C.L. Koch, 1837) Species inquirenda: the type material is not available. Koch (1873)
describes it as an entirely blackish species with two medio-dorsal whitish
spots on the abdomen, and with the tibiae, metatarsi and tarsi yellowish
brown. This description fits completely

14 Singa simoniana Costa, 1885 Species inquirenda:described on the female and nevere recorded again.
The brief diagnosis does not indicate the belonging to Singa (at least on the
base of the abdominal pattern).

70 Hogna radiata minor (Simon, 1876) Described on juveniles, the validity of the subspecies is doubtful. High
variability of the nominal species.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-28 17:11:19
Interessante Liste. Ein paar Notizen, damit ich das später nicht vergesse:

87 ist höchstwahrscheinlich ein Synonym von Philaeus chrysops. Interessanterweise ist die Art nicht sicher aus Italien beschrieben, sondern aus "Süddeutschland -- Tyrol", könnte also auch Österreich gemeint sein.

6 im WSC bereits als nomen dubium aufgeführt.

35 interessant: eine Phantomart, die trotzdem aus vier Ländern gemeldet ist. Die sollte sich doch identifizieren lassen. Was schlägt die Checkliste denn als "complete fit" vor?

14 ein seltsames Exemplar. Ob jemand es anhand der Beschreibung wiedererkennen kann: perlgraues Opisthosoma mit sechs großen schwarzen Flecken; in Paar deutlich getrennt weiter vorne (nach etwa einem Drittel der Länge), die anderen vier dichter beisammen?

70 lässt sich wohl erst klären, wenn der H. radiata-Komplex revidiert wird: könnte evtl. der valide Name einer der Formen werden, falls die Art aufgespalten wird, wie das manchmal erwartet wird.

Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Michael Hohner am 2015-01-28 17:39:49
Bei Nr. 35 hört der Text auch in der Checkliste so abrupt auf. Einfach mal bei den Autoren nachfragen, was da eigentlich stehen sollte.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-29 09:30:12
Mein Tipp: Aphantaulax trifasciata.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-01-29 16:17:15
Und Nummer 14 ist wohl mit einiger Sicherheit Zilla diodia.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Michael Hohner am 2015-01-31 18:12:12
Nochmal aus der ital. Checkliste:

107 Theridion histrionicum Thorell, 1875 Species inquirenda: described on one female from Trentino, no recent
records.

108 Theridion laevigatum Blackwall, 1870 Species inquirenda: described on one ♀ from the Province of Lucca
(Toscana) and never recorded again.

109 Theridion lapidicola Kulczyński, 1887 Species inquirenda: described on two females from Alto Adige (Eggental),
no recent records.

110 Theridion parvulum Blackwall, 1870 Species inquirenda.

111 Theridion prominens Blackwall, 1870 species inquirenda.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-02-16 22:30:27
Ein für mich interessanter Fall:  Araneus crispulus Tullgren, 1952 

Araneus scheint zudem einiges an Phantomarten herzugeben. Hier lohnt sicherlich ein genauerer Blick.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-02-20 09:33:32
Linyphia obesa Thorell, 1875....................Sweden [urn:lsid:amnh.org:spidersp:011420]
Nach Jungtier beschrieben; sollte also mit Sicherheit ein nomen dubium sein.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-02-25 16:50:23
Agelena longipes Carpenter 1900
Orchestina dubia O. Pickard-Cambridge 1911
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-02-26 08:29:48
Alopecosa albofasciata rufa (Franganillo, 1918) (http://www.wsc.nmbe.ch/species/18973) (Link WSC)

Beschreibung nur in zwei Sätzen ohne Abbildung:
Lycosa albofasciata Brul., var. rufanov. Pedesquarti paris, 15 mm. Abdo,longitudo, 9mm.,latitudo, 5. Coxaerubros. Chelse obscurse, fere glabme, cum aliquibus pilis albicantibus. Huesca.

Alopecosa trabalis albica (Franganillo, 1913) (http://www.wsc.nmbe.ch/species/19119)

Beschreibung dürftig und ohne Bild.
Lycosa trabalis CI., varo albica Fran.-Hembra: cefalo,. tó~ax, largura 5, muy parecido al de la L. Alba· F ran.; patas; cuarto par 19. Quelíceras rojo oscuras con pelusa bljnca, principalmente en la parte básica. Plastron leonado claro con pelusa blanca. La tibia y patela del cuarto par tan largas como el cefalotórax. Epigino como el de la L. Fastoralis S. Vive en la falda de los montes.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-02-26 09:35:30
hi,
nur mal so nachgefragt: Wie definiert ihr denn eine Phantomart?
Natürlich gibt Araneus einiges her an Arten deren Beschreibung nicht über 3 Zeilen rausgeht. Anfangs wurde alles als Araneus oder Mygale beschrieben.. Schaut mal in die Synonymieliste von Avicularia (teilw. anerkannt als Synonym zu Mygale).
Nur weil eine Beschreibung nur 3 Zeilen oder weniger hat kann man doch nicht einfach so den Artstatus anzweifeln..
Falls ihr das wirklich bearbeiten wollt, dann macht es Gattung für Gattung (mal ausgenommen Araneus) und schaut ob ihr das Typusmaterial findet. Wenn es verloren ist kann man über "nomina dubia" nachdenken, vorher nicht. Wäre ja auch ganz interessant zu schauen ob die ein oder andere Art nicht einfach nur in einer falschen Gattung beschrieben wurde und eine heute anerkannte Art ein Synonym einer "Phantomart" darstellt - das würde auch fehlende Nachweise erklären.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-02-26 10:10:39
nur mal so nachgefragt: Wie definiert ihr denn eine Phantomart?

http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Phantomarten

Zitat
Nur weil eine Beschreibung nur 3 Zeilen oder weniger hat kann man doch nicht einfach so den Artstatus anzweifeln..

Zeige mir eine umfassende Beschreibung in 3 Zeilen, die es erlaubt, eine Art zweifelsfrei zu identifizieren.

BTW: Ich mache hier nur Vorschläge, wo es sich evetuell lohnt, nachzuforschen. Ich denke schon, dass bei einer dürftigen Beschreibung Anfangszweifel angebracht sind. Ob Typusmaterial vorhanden ist, muss dann geprüft werden. Ich kann weder alle Schritte auf einmal machen, noch will ich das überhaupt versuchen. Die Liste der Phantomarten ist ein Gemeinschaftswerk.

Ob man nun Gattung für Gattung, nach Zufall oder wie ich, alphabetisch vorgeht, finde ich ziemlich egal. Meine Arbeitsweise habe ich oben erklärt. Um Gattung für Gattung zu überprüfen, braucht man wahrscheinlich ein paar Hundertschaften fleißiger Leute, die wir nicht haben. Die ersten Fälle fielen durch Zufall auf, um es systematischer anzugehen, habe ich mir eine Strategie entwickelt.

Zitat
Art nicht einfach nur in einer falschen Gattung beschrieben wurde und eine heute anerkannte Art ein Synonym einer "Phantomart" darstellt - das würde auch fehlende Nachweise erklären.

Es gibt viele Möglichkeiten. Man braucht aber erst mal eine Liste an Arten, die man überhaupt prüfen sollte. Dem arbeite ich zu. Mit meinen Vorschlägen ist also nichts entschieden.

Nächster Kandidat:
Amaurobius spominimus Taczanowski, 1866 (http://www.wsc.nmbe.ch/species/1255)

Beschreibung dürftig.

Amaurobius spominimus; cephalothorace rubro; a.bclomine brevi, subgloboso, piloso, atro; pedibus rubro-nigricantibus pilo-s13, long: foem. 4 Illilim. Specimina circiter elena. lecla in IIrenis sub cespite Cetra-rin.e mngiferinae. 5 Okazy znajdowane na piaskach za Pragą pod mchem reniferowym; dwa przywiezione przez p. Slósarskiego z Dąbrowy.  (OCR-Fehler enthalten)

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-02-26 13:15:29
Lieber Bastian,

Mach dir doch bitte mal die Mühe und lese den Wikiartikel bzw. den bisherigen Verlauf der Phantomartendiskussion. Rainer geht/ging sehr sorgfältig nach den Regeln der ICZN vor und wir prüfen alle Möglichkeiten, auch Typusmaterialverbleib und eventuelle Synonymisierungen.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-02-26 20:41:26
hi,
@Martin: Eine Beschreibung von einer Zeile reichte damals aus. Da wurden nicht die heutigen Maßstäbe angewendet und die Arten sind trotzdem gültig. Danke für den Link zum Wiki Artikel, hatte ich noch nicht gesehen.
@Tobias: S.o. - Wiki Artikel war mir nicht bekannt und soweit ich das sehen konnte wurde bisher in diesem Thema auch nicht darauf verwiesen. Wie prüft man eine mögliche Synonymie ohne das Material untersucht zu haben? Kann man zwar versuchen aber wenn die Beschreibung wie Martin oben erwähnte nur 3 Zeilen lang ist und nicht ausreicht um die Art zweifelsfrei zu identifizieren ist es unmöglich.

Versteht mich nicht falsch, ich will hier nichts torpedieren.. im Gegenteil, finde die Idee an sich sogar sehr gut. Wäre nur schade wenn man sich die ganze Arbeit macht und sie am Ende aufgrund formaler Fehler für die Katz ist.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-02-26 21:31:05
hi,
@Martin: Eine Beschreibung von einer Zeile reichte damals aus. Da wurden nicht die heutigen Maßstäbe angewendet und die Arten sind trotzdem gültig. Danke für den Link zum Wiki Artikel, hatte ich noch nicht gesehen.
@Tobias: S.o. - Wiki Artikel war mir nicht bekannt und soweit ich das sehen konnte wurde bisher in diesem Thema auch nicht darauf verwiesen. Wie prüft man eine mögliche Synonymie ohne das Material untersucht zu haben? Kann man zwar versuchen aber wenn die Beschreibung wie Martin oben erwähnte nur 3 Zeilen lang ist und nicht ausreicht um die Art zweifelsfrei zu identifizieren ist es unmöglich.

In den meisten Fällen ist a) das Material entweder zerstört worden (wie z.B. viele von Bösenbergs Typen im 2 WK hier in Stuttgart) b) es gab nie Material, weil z.B. viele heute gültige Unterarten nicht als Unterarten im heutigen Sinn aufgestellt wurden c) das Typusmaterial ist vorhanden und wurde schon untersucht (z.B.  verschiedene Linyphiidae von A. Holm, der seine ID des Typus auf einem Zettel im Glas vermerkte, aber nie publizierte...) oder wird noch untersucht. Keine Angst, wir sind da gründlich.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-02-26 21:41:32
hi,
alles klar, war mir so nicht bewusst und wie gesagt, es wäre sehr ärgerlich wenn die ganze Arbeit umsonst wäre.
Bin freudig gespannt auf die Veröffentlichung, gehen sicher einige Arten flöten ;)
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-02-27 12:59:56
es wäre sehr ärgerlich wenn die ganze Arbeit umsonst wäre.
Vor allem geht es hier ja um den Spass bei der historischen Detektivarbeit; umsonst ist die Arbeit also sicher nicht. Aber wegen der Qualität unserer Recherchen musst Du Dir trotzdem keine Sorgen machen. Wir haben da sehr erfahrene Unterstützung. Der Hinweis auf Agelena longipes und Orchestina dubia kam zum Beispiel von Prof. Nentwig, und inzwischen hat auch schon ein knappes Dutzend Museumskuratoren unsere Anfragen bzgl. Typusmaterial bearbeitet. Mal ganz abgesehen von Theos tatkräftiger Hilfe.

Zitat
Amaurobius spominimus Taczanowski, 1866
Ein gutes Beispiel für den Reiz der Phantomarten-Diskussion: die Typen sind vielleicht noch in Warschau vorhanden, aber es ist doch viel spannender, erstmal zu versuchen, mit araneologischer Erfahrung weiterzukommen. Die Beschreibung sagt: "Prosoma rotbraun; Opisthosoma kurz, rundlich, haarig, schwarz; Beine rötlich-schwarz behaart; Länge: Weibchen 4mm. Etwa zehn Exemplare gesammelt im Sand unter einem Rasen von Rentierflechte." Da sollte sich doch was spekulieren lassen? Selbst wenn die Typen noch existieren, ist das übrigens nicht vergeblich: es würde mich nicht überraschen, wenn sie inzwischen unter anderem (korrektem) Namen abgelegt sind. Im 19. Jahrhundert hielt es noch nicht jeder mit dem modernen Typusverständnis.

Zitat
Bin freudig gespannt auf die Veröffentlichung, gehen sicher einige Arten flöten ;)
Das wollen wir hoffen! :)

Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-03-02 10:47:48
Ich habe die Recherche-Ergebnisse zu Amaurobius spominimus im Wiki eingearbeitet (http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Phantomarten#Amaurobiidae). Ich meine, dass hier trotz evtl. fehlender Typen und dreizeiliger Beschreibung eine Identifizierung möglich ist...
Beste Grüsse,
Rainer
PS: Und, ja, ich habe in Warschau nachgefragt, ob sie vielleicht doch noch Originalmaterial der Art haben; die Interpretation kann sich also auch noch ändern.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-03-02 13:21:24
Rainer, Du hast doch bezüglich Amaurobius spominimus einen Verdacht, welche Art gemeint sein könnte, oder? Ich habe keine Idee, woran denkst Du?

Martin

Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-03-02 13:31:26
In der Tat :) Schau mal im Wiki: http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Phantomarten#Amaurobiidae (http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Phantomarten#Amaurobiidae)
Beste Gruesse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-03-04 08:30:56
Wie peinlich! Ich hatte nicht ins Wiki geguckt.

Die kenne ich gar nicht, geschweige weiß ich wie die aussieht. Im Wiki steht bislang auch nichts darüber. Mal sehen, ob ich etwas finde.

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Michael Hohner am 2015-03-10 10:17:07
nochmal aus der italienischen Checkliste:

48 Erigone nigrimana Thorell, 1875 Species inquirenda: described on material from Canestrini with the general
indication "Italia septentr." and nevere recorded again.

49 Erigone spadix Thorell, 1875 Species inquirenda: described on material from Canestrini with the general
indication "Italia septentr." and nevere recorded again.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-04-23 10:16:04
Cyclosa baloghi Kolosváry, 1934

Verbreitung: Ungarn

Die dazugehörige Epigyne in der Erstbeschreibung kann ich nicht deuten. War das Tier vlt. subadult?

 Cyclosa strandi Kolosvary, 1934

Die Epigyne in der Erstbeschreibung hat Ähnlichkeit mit der von C. conica, auch wenn die letztere breiter als hoch ist. Vielleicht wurde sie von leicht aboral gezeichnet oder war etwas expandiert? Auch wird ein schwarzer Bauch erwähnt. Das hat conica auch.

Weitere Problemfälle:

Cyclosa conica albifoliata Strand, 1907
Cyclosa conica defoliata Strand, 1907   
Cyclosa conica dimidiata Simon, 1929
Cyclosa conica leucomelas Strand, 1907   
Cyclosa conica pyrenaica Strand, 1907   
Cyclosa conica zamezai Franganillo, 1909   
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-05-29 06:10:35
Agyneta nigripes nivicola (SIMON, 1929) Syn. Ischnyphantes nigripes nivicola

In der angegebenen Quelle steht nur, dass die Art in den aplinen Pyrenäen vorkommt und sonst so gut wie nichts. Die Publikation gibt es beim WSC (http://www.wsc.nmbe.ch/refincluded/2032) (27 MB sind zu viel, um es hier anzuhängen oder ins Wiki hochzuladen). Eine Reidentifikation ist somit ausgeschlossen. Zugeordnete Abbildungen habe ich nicht gefunden.

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-05-29 14:05:42
hi,
Eine Reidentifikation ist somit ausgeschlossen.
Typus liegt im MNHN, Reidentifikation bzw. Vergleich mit anderen Arten ist daher kein Problem.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-05-30 00:19:01
Typus liegt im MNHN, Reidentifikation bzw. Vergleich mit anderen Arten ist daher kein Problem.

Was ist MNHN?

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-05-30 00:24:19
hi Martin,
ist das Muséum national d’histoire naturelle in Paris.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-05-31 02:02:47
Typus liegt im MNHN, Reidentifikation bzw. Vergleich mit anderen Arten ist daher kein Problem.
Hallo, Bastian,
Hast Du dazu nähere Angaben, z.B. eine Sammlungsnummer? Ich versuche seit einiger Zeit, mehr Informationen zu Simons Typen aus Paris zu erhalten, ohne große Fortschritte zu machen.
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-05-31 10:13:54
hi Rainer,
leider nicht, aber ein Teil des Materials ist mittlerweile in der Datenbank und man findet es über die Suche hier: https://science.mnhn.fr/institution/mnhn/collection/ar/item/search/form
Ansonsten lohnt es immer einfach bei Christine anzufragen, wobei es sein kann, dass sie einige Zeit nicht im Haus ist und man uU lange auf eine Antwort wartet.

Ich habe vor kurzem noch Typusmaterial von Simon aus dem MNHN untersucht, es ist also nicht unmöglich ;)
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-06-11 07:22:05
Hallo, Bastian,

Die Datenbank scheint vor allem Material zu enthalten, das kürzlich revidiert wurde; unsere Phantomarten fehlen dann natürlich (auch Agyneta nigripes nivicola konnte ich nicht finden).

Aber gut zu hören, dass das Material aus dem MNHN nicht ganz unzugänglich ist. Ich werde es also weiter probieren, auch wenn am Ende eine Reise nach Paris nötig sein sollte.

Beste Grüße,
Rainer

Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-06-19 17:48:32
Keine Phantomart im strengen Sinne (weil Simon die Art in Frankreich wiedergefunden zu haben meint), aber vielleicht doch in diesem Zusammenhang zu diskutieren: Singa melanocephala (http://forum.spinnen-forum.de/index.php?topic=19720.msg121157); allem Anschein nach ein älteres Synonym von Singa nitidula.

Zahlreiche von Koch beschriebene Hogna-Arten scheinen Phantomarten zu sein (z.B. Hogna graeca und Arten von den Balearen). Eine genauere Diskussion ist aber vermutlich nur im Rahmen einer detaillierten Revision der Gattung sinnvoll.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-06-20 12:11:11
Keine Phantomart im strengen Sinne (weil Simon die Art in Frankreich wiedergefunden zu haben meint), aber vielleicht doch in diesem Zusammenhang zu diskutieren: Singa melanocephala (http://forum.spinnen-forum.de/index.php?topic=19720.msg121157); allem Anschein nach ein älteres Synonym von Singa nitidula.

In diesem Fall fände ich eine Umbenennung aber sehr unpassend, da 23.9 nicht greift wegen dem angeblichen "Wiederfund" von Simon (usage after 1899). Singa nitidula ist weit verbreitet, und eine Umbenennung wäre extrem unvorteilhaft. Zudem sehen Singa lucina oder andere mediterrane Arten u.U. ähnlich aus.

Tobias

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-06-20 16:45:56
Ich denke, Umbenennungen sind ganz allgemein nur sehr vorsichtig vorzunehmen, zumindest, wenn keine Typen vorhanden sind. Wenn man mal davon ausgeht, dass das bei Singa melanocephala der Fall ist, dann lassen sich durch Simons Verwendung des Namens sicher ausreichende Zweifel an der Identität der Art begründen, auch wenn diese Zweifel reine Formalität sind, um eine Umbenennung vermeiden zu können  ;) Singa lucina und die anderen mediterranen Arten zeigen entschieden weniger Ähnlichkeit mit Kochs Abbildung als Martins Exemplar (nicht ganz ausschliessen würde ich die, zugegeben unwahrscheinliche, Möglichkeit, dass die schwarzköpfige Form eine eigene Art ist, wenn ich Martin korrekt interpretiere, dass er eine ganze Population dieser Form gefunden hat).
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-06-23 07:31:47
Phylloneta sisyphia foliifera (Thorell, 1875) aus Spanien
Ergänzende Anmerkung: Die Beschreibung des Weibchens ist recht ausführlich, wie man es von Thorell erwartet> Es handelt sich auch hier mit einiger Wahrscheinlichkeit um ein älteres Synonym, und zwar von Phylloneta impressa (L. Koch, 1881). Selbst die Beschreibung der Epigyne passt nicht schlecht. Zum Glück liesse sich der Name in diesem Fall wohl ohne Probleme als nomen oblitum unterdrücken.
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-06-23 11:24:56
hi,
In diesem Fall fände ich eine Umbenennung aber sehr unpassend, da 23.9 nicht greift wegen dem angeblichen "Wiederfund" von Simon (usage after 1899). Singa nitidula ist weit verbreitet, und eine Umbenennung wäre extrem unvorteilhaft.
man hat immernoch die Möglichkeit den Status anzuzweifeln und die Art als nomen dubium zu deklarieren. Wenn der Typus eindeutig verloren ist und die Beschreibung nicht ausreicht um das Tier zweifelsfrei zu identifizieren, dann sollte man mMn sogar den nomen dubium Status vorziehen. So oder so ist ja nichts was nomenklatorisch geschrieben/geändert wird in Stein gemeißelt..
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-06-23 11:58:45
hi,
In diesem Fall fände ich eine Umbenennung aber sehr unpassend, da 23.9 nicht greift wegen dem angeblichen "Wiederfund" von Simon (usage after 1899). Singa nitidula ist weit verbreitet, und eine Umbenennung wäre extrem unvorteilhaft.
man hat immernoch die Möglichkeit den Status anzuzweifeln und die Art als nomen dubium zu deklarieren. Wenn der Typus eindeutig verloren ist und die Beschreibung nicht ausreicht um das Tier zweifelsfrei zu identifizieren, dann sollte man mMn sogar den nomen dubium Status vorziehen. So oder so ist ja nichts was nomenklatorisch geschrieben/geändert wird in Stein gemeißelt..

Das ist mir bewusst. Meine Antwort war direkt gemünzt auf die Aussage von Rainer, dass es sich allem Anschein nach um ein älteres Synonym handelt. Ich hatte ein wenig das Gefühl, die Synonymisierung sei geistig schon in Angriff genommen worden. Rainer's Antwort zeigte aber, das die Angst unbegründet war :-). Dein letzter Satz trifft indirekt das, was ich bei so Umbennenungen immer befürchte: Benutzung beider Namen, meist unabhängig voneinander in Ökologie und Systematik/Taxonomie.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-06-23 13:22:24
hi,
naja, ich denke, dass Arbeiten bzgl. Ökologie schon taxonomische Erkenntnisse zugrunde liegen sollten. Was bringt es die Ökologie einer Art zu beschreiben wenn man nicht wirklich weiß um welche Art es sich dabei handelt? Natürlich kann es passieren, aber meiner Meinung nach sollten auch diejenigen die auf dem Gebiet der Ökologie forschen den taxonomischen Aspekt kennen.
Der klare Vorteil des nomen dubium Status ist ja, dass die Art nicht aus der Welt ist - sie wird lediglich angezweifelt und der Status ist durch eine Wiederentdeckung leicht aufzuheben. Bei einer Synonymie ist das schon schwieriger, da man hier die miteinander synonymisierten Arten ja diagnostisch wieder trennen muss und zudem die Aufhebung der Synonymie begründet werden sollte.
Ich habe derzeit den Fall, dass eine Art anhand eines Typus beschrieben wurde (in 5 Zeilen) und es sich bei dem Typus der  im Museum liegt um eine Syntypen Sammlung handelt. Keiner der beiden Syntypen gehört in die Unterfamilie in der die Art beschrieben wurde und noch schlimmer: Beide Syntypen gehören in verschiedene Unterfamilien! In so einem Fall bleibt mir nichts anderes übrig als die Art als nomen nudum zu bezeichnen, da es unmöglich ist zu sagen welcher der beiden Syntypen namenstragend ist und man eine Art mit 2 verschiedenen Typusexemplaren aus verschiedenen Unterfamilien unmöglich bestimmen kann. Bei anderen Arten bei denen lediglich der Typus verloren gegangen ist, aber man anhand des Gebiets und der Beschreibung die Art unter Umständen neu beschreiben kann tendiere ich meistens zu nomen dubium, außer eine Beschreibung ist so eindeutig, dass sie eine Synonymie zulässt.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-06-23 16:21:42
Der klare Vorteil des nomen dubium Status ist ja, dass die Art nicht aus der Welt ist ....
Keiner der beiden Syntypen gehört in die Unterfamilie in der die Art beschrieben wurde und noch schlimmer: Beide Syntypen gehören in verschiedene Unterfamilien! In so einem Fall bleibt mir nichts anderes übrig als die Art als nomen nudum zu bezeichnen, da es unmöglich ist zu sagen welcher der beiden Syntypen namenstragend ist...

Hallo Bastian,
Ich gebe Dir was die "Vorteile" von nomina dubia betrifft völlig Recht: sie sind nur Ausdruck des aktuellen Wissenstands und lassen sich auch wieder anders bewerten, wenn neue Daten auftauchen. Deswegen verstehe ich aber nicht ganz, warum Du Die Art in Deinem Beispiel als nomen nudum behandeln möchtest, was sie ja ganz offensichtlich nicht ist (ich nehme mal an, dass die Beschreibung gültig publiziert wurde, auch wenn sie sehr kurz und uninformativ ist). Da die Syntypen noch existieren, wäre das übliche Vorgehen eigentlich, ein sorgfältig gewähltes Exemplar zum (namenstragenden) Lectotypus zu erklären und die Art auf dieser Basis gründlich neu zu beschreiben. Wenn es aber den Verdacht gibt, dass die "Syntypen" vielleicht nur falsch etikettiert sind und die echten Typen verloren sein könnten, lässt sich die Art trotz vorliegender Typen wahrscheinlich als nomen dubium auffassen, und das wäre vielleicht nicht unerwünscht ;)
Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-06-23 18:47:32
hi Rainer,
das Problem ist, dass ich nicht einfach aus einer Syntypensammlung ein Exemplar aussuchen kann und dann synonymisiere. Wären alle Syntypen wenigstens von der gleichen Art und würden einfach nur einer anderen Unterfamilie bzw. Gattung angehören, dann ginge das. Aber so würde ich ja durch die Wahl eines Lectotyps einem Typus Vorrang vor dem anderen geben und je nachdem welchen ich wähle würde die Art ein Synonym einer Art aus der einen Unterfamilie oder eben der anderen. Das Problem spielt sich ja hier auf Unterfamilienebene ab..
Mich würde es wundern wenn die Typen falsch etikettiert wären, wäre schon Zufall wenn ich trotz falscher Etiketten 2 Dipluridae bekomme und dann auch noch aus genau dem Gebiet aus dem die Art stammen soll. Sollte es so sein ist es für mich aber nicht nachprüfbar.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-06-24 08:40:16
das Problem ist, dass ich nicht einfach aus einer Syntypensammlung ein Exemplar aussuchen kann und dann synonymisiere.
Doch, das kannst Du schon, das ist völlig legitim, auch wenn es sich vielleicht ein bisschen radikal anfühlt. Das kommt halt daher, dass wahrscheinlich der Originalautor nicht sorgfältig genug war (oder im Laufe der Jahre etwas Unordnung in das Typusmaterial geraten ist).

Zitat
Wären alle Syntypen wenigstens von der gleichen Art und würden einfach nur einer anderen Unterfamilie bzw. Gattung angehören, dann ginge das.
Formal ändert sich dadurch, dass die Syntypen nicht zu der Gattung oder Unterfamilie gehören, in die der Originalautor sie eingeordnet hatte, nichts an dem Problem. Die Syntypen gehören zu zwei verschiedenen Arten, der Name kann aber nur für eine der beiden verwendet werden. Das kommt gar nicht so selten vor, und es ist dann die Aufgabe des revidierenden Autors, sich für eine der beiden zu entscheiden. Zum Beispiel kann er versuchen, die bisherige Verwendung des Namens zu stabilisieren, oder er wählt den Syntypus, der am besten erhalten ist oder für den es ein klar erkennbares älteres Synonym gibt oder der in der Originalarbeit illustriert wurde. Oder, wenn das alles nicht hilft, trifft er eine willkürliche Wahl.

Zitat
Aber so würde ich ja durch die Wahl eines Lectotyps einem Typus Vorrang vor dem anderen geben und je nachdem welchen ich wähle würde die Art ein Synonym einer Art aus der einen Unterfamilie oder eben der anderen. Das Problem spielt sich ja hier auf Unterfamilienebene ab..
Genau so ist es, aber ein Problem ist das nur "emotional", nicht für die Formalitäten des Vorgehens.

Zitat
Mich würde es wundern wenn die Typen falsch etikettiert wären, wäre schon Zufall wenn ich trotz falscher Etiketten 2 Dipluridae bekomme und dann auch noch aus genau dem Gebiet aus dem die Art stammen soll. Sollte es so sein ist es für mich aber nicht nachprüfbar.
Das kann ich so allgemein schwer beurteilen, aber da solche Verwechslungen ja gerade während der Revision des Materials vorkommen würden (siehe den Fall von Diplura erlandi, für den Bäckstam dieses Szenario diskutiert), scheint mir eine Verwechslung nicht unmöglich. Wenn Du mir den Namen der betroffenen Art zukommen lässt, kann ich vielleicht mehr dazu sagen.

Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Bastian Drolshagen am 2015-06-24 11:32:53
hi Rainer,
hm, mag sein, dass das geht, aber irgendwie finde ich es falsch. Es ist ja einfach so, dass diese Art in ihrem ursprünglichen Sinn einfach nicht identifiziert werden kann. Die beiden Syntypen eignen sich meiner Meinung nach auch nicht für eine ordentliche Diagnose, da es sich bei beiden Tieren um juvenile Exemplare handelt und zumindest den größeren der beiden konnte ich keiner Art zuordnen. Es handelt sich um eine Ischnothelinae und keine Diplurinae und obwohl die südamerikanischen Ischnothelinae komplett revidiert sind passte das Exemplar zu keiner der bekannten Arten. Jetzt anhand dieses Typus eine neue Art zu beschreiben würde das Problem ja nur noch verschlimmern.
Aus der von dir genannten Geschichte haben Christian und ich viel gelernt. Wir haben in der jetzigen Arbeit einige Typen die in der von ihm erwähnten Arbeit ebenfalls untersucht wurden und mit Material aus Argentinien und Peru vermischt wurden oder sogar komplett verloren gegangen sind. Es scheint als sei das Typusmaterial einiger Arten nur unvollständig, teilw. vermischt oder garnicht zurück in die europäischen Museen gekommen. Pedroso hat zB berichtet, dass in einigen südamerikanischen Museen ebenfalls Mischtypen liegen und dass das Material dieser Typen anscheinend aus eben den fehlenden Teilen besteht die wir in Europa nicht haben. Es wäre aber unglaublich kompliziert und sicher nicht im Sinne der Sache dieses Material neu zu sortieren - vor allem weil auch hierbei Fehler passieren können, da nicht sicher ist aus wievielen Typenreihen das derzeitig vorliegende Mischmaterial tatsächlich besteht. Kann dir die relevanten Arbeiten mal schicken wenn du willst.
Richtig mies ist allerdings, dass in manchen Gläschen zerstückelte Männchen liegen, die 2 rechte (bzw. 2 linke) Palpen haben, jedoch der linke (bzw. rechte) fehlt. Meistens haben die untersuchenden Autoren an der gleichen Stelle abgetrennt und die Teile sehen identisch aus, sodass es unmöglich ist das Material zuzuordnen da ja in der Originalbeschreibung Illustrationen fehlen. Was macht man mit sowas? Für mich sind das Fälle von nomina dubia oder sogar nomina nuda.. je nach Schwere des Schadens.
Christian wollte die Arten auch erst als nomina dubia deklarieren, hat dann aber davon abgesehen um einer möglichen Neubeschreibung nicht im Weg zu stehen. Wie wir diese allerdings bewerkstelligen wollen ist noch unklar, da es wenige wirklich charakteristische Merkmale gibt wie wir schon 2011 für Harmonicon erkennen mussten.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-06-24 14:24:34
Dieser Vandalismus mit dem Typenmaterial ist schon erstaunlich. Man muss natürlich jeden Einzelfall genau betrachten, aber ich denke, als allgemeine Leitlinie kann man "Mischtypen", die sich nicht auflösen lassen, weil aus der Erstbeschreibung nicht klar ist, welches Material zur eigentlich gemeinten Art gehört, ohne Bedenken genauso behandeln, als wären sie verloren. Wenn eine Art aus irgendwelchen Gründen besonderen Schutz verdient (z.B. weil sie der Typus einer validen Gattung ist), kann man mit einer recht aufwändigen Prozedur einen Neotyp wählen, aber in den meisten Fällen ist es wohl in der Tat angebracht, die Art einfach als nomen dubium zu behandeln, bis neue Daten vielleicht eine Neubewertung erlauben (nicht nomen nudum, denn das ist nur der Fall, wenn der Name ohne Beschreibung verwendet wurde).
Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-07-03 17:43:15
Linyphia pinnata juniperina Kolosváry, 1933: 57, f. 4.3 (Df). Da L. pinnata = L. triangularis, ist wohl auch diese Unterart zu synonymisieren. Es gibt keine echte Beschreibung zu dieser Art, sondern bloss eine (grotesk schematische) Abbildung der Epigyne, und die Bemerkung "Diese Varietät hat einen breiteren roten Abdomenmedianstreifen als die normalen Tiere." Die Form soll spezifisch für die Wacholdersteppen Ungarns sein. Auch wenn das unter Umständen L. tenuipalpis nahelegt, ist das durch die Abbildung wohl auszuschliessen; degegen scheinen die zum Vergleich herangezogenen Abbildungen der Epigyne aus Bösenberg (1901) je ein Exemplar von L. tenuipalpis und L. triangularis zu zeigen (Bösenberg beschreibt wie ihm diese trotz "ganz anders geformte[r] Epigyne" so ähnlichen Tiere einiges Kopfzerbrechen bereiteten, kam aber abschliessend auf die Idee, dass es sich wohl um "verschiedene Entwicklungsstufen" einer einzigen Art handele). [Hmm, ganz neu ist diese Erkenntnis nicht: Kulczynski hatte Bösenbergs Verwechslung bereits 1913 erkannt. Kann man daraus schliessen, dass auch Kolosváry beide Arten vorlagen? Aus Ungarn wird L. tenuipalpis nicht gemeldet, aber es sollte mich sehr überraschen, wenn sie dort nicht vorkäme. Hier im Forumsarchiv habe ich aber noch keine entsprechende Meldung gefunden...]

Weiterer Kandidat:
Cheiracanthium cunciculum Herman, 1879: 159, 357, pl. 7, f. 160 (Df). Der Typus ist im Museum in Budapest nicht mehr aufzufinden und wurde nach Angaben des Kurators möglicherweise bei einem Brand in der Sammlung zerstört.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-07-12 13:25:29
Tmarus punctatissimus (Simon, 1870)
Interessanter Fall. Vielleicht ein (älteres!) Synonym von Tmarus horvathi. Sollte aber als nomen oblitum durchgehen...
Dieser Fall hat sich erledigt: Bosmans, R. & Hervé, C. (2015). Tmarus horvathi Kulczyński, 1895, synonyme plus récent de Tmarus punctatissimus (Simon, 1870) (Araneae, Thomisidae), avec de nouvelles données sur la distribution de l’espèce. Revue Arachnologique 2 2: 38-40.
Die Autoren wählen aber die weniger konservative Strategie, so dass die Art jetzt als Tmarus punctatissimus geführt werden muss.
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-07-12 13:40:32
Aber da greift doch jetzt Artikel 23.9, warum dann das alte, unbekannte Synonym übernehmen?

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-07-12 16:54:22
Tja, das liegt halt im individuellen Ermessen des Bearbeiters. T. horvarthi ist wohl nicht so häufig, dass die Namensänderung große Probleme verursachen wird. Und die Bedingung aus Artikel 23.9.1.2 ist vermutlich auch nicht erfüllt.
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2015-07-12 17:30:52
Mmh, die Art taucht aufgrund des weiten Verbreitungsgebiets (wenn richtig bestimmt) neben den im WSC verzeichneten nomenklatorischen Arbeiten auch in einigen faunistischen Arbeiten auf. Nimmt man noch die SpIE als Online-Werk hinzu, kommt man vlt. auf die benötigte Anzahl. Aber wie du schon sagst, große Probleme wird das sicherlich nicht verursachen.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-08-26 06:17:01
Da der Artikel nun erschienen ist, schlage ich vor, dass wir für die weitere Kandidatensuche, einen neuen Thread Phantomarten, Teil 2 eröffnen. Ich hätte da auch gleich einen Kandidaten (Canariphantes zonatus lucifugus (WSC (http://wsc.nmbe.ch/species/14638)|UniB (http://www.araneae.unibe.ch/data/2968/Canariphantes_zonatus-lucifugus)|Wiki (http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Canariphantes_zonatus_lucifugus)).

Falls aber schon neue Kandidaten in diesem Thread vorgeschlagen wurden, sagt mit bitte Bescheid (konkretes Posting). Dann trenne ich den Thread von da an auf und benenne ich entsprechend um.

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-08-26 07:22:37
Hallo Martin,
In diesem Thread wurden bisher vor allem Arten gesammelt, die noch nicht im Artikel und im Wiki dokumentiert sind. Er kann also auch für die weitere Kandidatensammlung verwendet werden, bis jemand die Zeit findet, die Liste durchzugehen und die entsprechenden Wiki-Einträge vorzunehmen.
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-08-27 08:13:23
... bis jemand die Zeit findet, die Liste durchzugehen und die entsprechenden Wiki-Einträge vorzunehmen.

Da sehe ich abgesehen von der Zeit vor allem die Schwierigkeit, einschätzen zu können, welche der vorgeschlagenen Arten, tatsächlich in die Liste aufgenommen werden soll.

Bislang werden entsprechenden Arten im Wiki markiert mit: {{Phantomart}}; darauf hin erschein im entsprechenden Wiki-Artikel folgendes:

Diese Art gilt als species inquirenda, d. h. sie wurde nach der Erstbeschreibung nicht wieder gefunden, und ihr Status ist umstritten. Siehe Artikel Phantomarten (http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Phantomarten#Gonatium_fuscum).

Als Hauptautor müsstest Du diese Prüfung übernehmen.

Vielleicht kann Michael uns dabei behilflich sein, indem er die Vorlage {{Phantomart}} so ändert, dass ein Parameter möglich ist. Etwa so: {{Phantomart|ungeprüft}} – wird dieser Parameter angegeben, erscheint in etwa dies: "Als Phantomarten (http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Phantomarten#Gonatium_fuscum) vorgeschlagen, aber noch nicht näher geprüft. Zugleich sollen diese einer Kategorie [[Kategorie:Phantomart ungeprüft]] zugeordnet werden, über welche Du die offene Liste immer finden kannst. Ist eine Art geprüft und posistiv, wird der Parameter wieder gelöscht, im Falle negativ, wird der Parameter auf {{Phantomart|negativ}} geändert und im Atikel erscheint nichts oder ein Hinweis, dass das geprüft wurde.

Falls das zu umständlich ist, können auch alle Vorschläge in eine alphabetische Gesamtliste. Erledigte Fälle werden markiert z.B. [s]durchgestrichen[/s], wenn negativ, [b]fett[/b], wenn positiv, ein P dahinter, wenn publiziert. Ich denke, die Liste ist einfacher zu führen. Neue Vorschläge am besten mit eigenem Namen und Datum in Klammern dahinter.

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Michael Hohner am 2015-08-27 09:48:37
Braucht man da wirklich eine neue Vorlage? Ich dachte, dass die Kandidaten in diesem Thread gelistet werden, und alles mit {{Phantomart}} im Wiki ist schon vorläufig geprüft.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-08-27 10:32:07
So sehe ich das auch. Die Arten mit einem {{Phantomart}}-Label sollten auch auf der Phantomarten-Seite im Wiki dokumentiert sein, zumindest mit dem basalen Auszug aus dem WSC im Platnick-Stil. Bei Gelegenheit mache ich eine Liste der Arten aus diesem Thread, die hier aufgenommen werden sollten.
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2015-08-27 10:41:00
Braucht man da wirklich eine neue Vorlage?

Anscheinend nicht.

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-08-27 12:00:07
Ich habe jetzt einen neuen Thread mit einer alphabetisch sortierten Liste der noch zu bearbeitenden Phantomarten-Kandidaten gestartet. Diese Liste kann dann aktualisiert werden, wenn die einzelnen Fälle im Wiki eingebaut werden (oder von anderen Autoren geklärt werden, so wie bei Tmarus punctatissimus).

Hier noch ein paar Kandidaten, aus einer Diskussion mit Michael Schäfer:

Sitticus manni = Heliophanus melinus (ein älteres Synonym, aber ein nomen oblitum; eine erhaltene Abbildung der Art durch Doleschall, im Wiener Museum, bestätigt zusammen mit der detaillierten Beschreibung diese Identifizierung, auch wenn die Typen verloren sind)
Attus viridimanus = Heliophanus cf. auratus (wird im WSC zur Zeit aus unerfindlichen Gründen als Synonym von Evarcha arcuata geführt)
Philaeus albovariegatus, Philaeus jugatus, Philaeus stellatus sind vermutlich alle Philaeus chrysops
Philaeus varicus ist wohl Carrhotus xanthogramma, nach der Beschreibung der Färbung und der Abbildung des Pedipalpus.

Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-09-04 18:11:08
Ich habe die mutmasslichen Phantomarten aus den Arbeiten von P. Franganillo-Balboa und Gabor Kolosváry in die Liste eingefügt. Das bringt die Gesamtzahl auf 116. Zusammen mit den bereits veröffentlichten und im Wiki dokumentierten Fällen nähern wir uns der magischen Zahl 200. Und dabei wird es nicht bleiben; alleine bei Simon gibt es bestimmt noch zwei Dutzend Fälle (vor allem Unterarten). 5% der in der Fauna Europaea genannten Formen sind mindestens betroffen. Da bleibt also noch viel zu tun  ::)
Beste Grüsse,
Rainer
PS: Die farbigen Abbildungen von Doleschall zu seinen Springspinnen-Phantomen (http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Phantomarten#Salticidae) habe ich im Wiki eingebaut.
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-12-15 08:51:18
Keine Phantomart im strengen Sinne (weil Simon die Art in Frankreich wiedergefunden zu haben meint), aber vielleicht doch in diesem Zusammenhang zu diskutieren: Singa melanocephala (http://forum.spinnen-forum.de/index.php?topic=19720.msg121157); allem Anschein nach ein älteres Synonym von Singa nitidula.

In diesem Fall fände ich eine Umbenennung aber sehr unpassend, da 23.9 nicht greift wegen dem angeblichen "Wiederfund" von Simon (usage after 1899). Singa nitidula ist weit verbreitet, und eine Umbenennung wäre extrem unvorteilhaft. Zudem sehen Singa lucina oder andere mediterrane Arten u.U. ähnlich aus.

Tobias
Ich habe gestern Simons Material von Singa melanocephala in Paris angeschaut, und es handelt sich da in der Tat um Singa nitidula. Für's nächste Phantomarten-Manuskript sollten wir uns also gut überlegen, wie man diesen Fall am besten behandelt, um die Verwirrungen minimal zu halten...
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Arno Grabolle am 2015-12-31 12:56:40
Hallo,

da ich mich bisher hier nicht beteiligt habe, weiß ich nicht genau, wie und wo man „Neuanträge“ stellt ;)

Mir ist bei der Bearbeitung der hübsch übersichtlichen Gattung Trochosa die Art hungarica aufgefallen, die seit ihrere Erstbeschreibung durch Herman 1897 nicht wieder aufgetaucht ist. Ich habe mir das mal angesehen und auch seine Beschreibung gelesen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was er da beschrieben hat. Die vordere Augenreihe ist laut Zeichnung leicht procurv, bei Trochosa aber scheinbar recurv. Auch die Bezeichnung des gesamten Tieres als „lohbraun“ (gelbbraun) scheint nicht so richtig zu Trochosa zu passen. Der Fundort „am Ufer des Balaton“ und die Größenangabe (f=17–21 mm) passen auch zu keine T.-Art. Auch die Epigyne nicht.

Ich denke, beim Weibchen könnte es sich in Wirklichkeit um Hogna radiata handeln. Rätselhaft bleibt mir allerdings noch das Männchen. Der Pedipalpus erzeugt nach Hermans Zeichnung ein recht klares Bild, ein sehr schlanker Pediplapus mit einfachem Bulbus und großer hakenförmiger Bulbusapophyse. Die Apophyse beschreibt Herman allerdings als hakenförmig gewundenen Farbeinsatz, also eher ein durchscheinender Samenkanal. So etwas gibt es ja bei verschiedenen Gattungen (z.B. Drassodes oder Philodromus), aber bei Wolfspinnen habe ich das jetzt vergeblich gesucht. Zusammen mit den sehr langgestreckten Proportionen des gesamten Ped. und der hellen Farbe des Tieres (laut Beschreibung), könnte es sich evtl. auch um ein subadultes Tier gehandelt haben?

Ich finde da keinen Zusammenhang, weder zu Trochosa noch zu einer anderen Gattung.

Im Anhang Hermans Abbildung. Daneben zum Vergleich die Epigyne von „Lycosa fraissei“ L. Koch, 1882 von Mallorca (die von Bosmans & Van Keer, 2012 in den Hogna-radiata-Komplex gestellt wird) und eine Epigynendarstellung von H.-radiata (Milelr 1971).

Arno
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2015-12-31 17:44:47
Hallo Arno,
Ich habe den Fall in der Warteliste (http://forum.spinnen-forum.de/index.php?topic=20046.0) aufgenommen. Ich denke, mit Hogna radiata liegst Du wohl richtig; Herman hatte ja auch Arctosa- und Geolycosa-Arten in seiner Gattung Trochosa untergebracht. Grösse, Lebensraum und das scheinbare Fehlen einer deutlichen Zeichnung sprechen dafür, ebenso ganz bestimmt die Epigyne. Ob der Pedipalpus zu einem subadulten Tier gehört oder nur schlecht gezeichnet ist, wage ich nicht zu sagen.
Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2016-01-02 06:35:50
Soll Cyrtophora citricola lurida KARSCH, 1879 (Link zum Artikel (http://forum.spinnen-forum.de/index.php?topic=20476.msg125345#msg125345)) nicht auch in die Warteliste? Auch wenn die Art nur außerhalb Europas (Kanarische Inseln) vorkommt?

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Arno Grabolle am 2016-01-02 10:46:31
@Rainer: Danke. Diese Liste hatte ich übersehen, weil sie angepinnt ist.

Dabei könnte man auch T. ochracea (L. Koch, 1856) zum nomen dubium (?) erklären. Die Art ist bei Koch (sogar in Klammern schon als Trochosa) beschrieben worden und taucht dann noch mal bei Bonnet (1959) auf. Dieses Werk ist im WSC nicht verfügbar, scheint aber nur eine Art Katalog zu sein.

Die Beschreibung von Koch lässt nicht seriös auf eine der Trochosa-Art bzw. Lycoside beziehen. Angaben zu irgendwelchen Typen fehlen.

Ich hatte die Art bis jetzt übersehen, weil ich sie für eine der neueren osteropäischen Vertreter hielt.

Arno
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2016-01-02 14:28:38
Soll Cyrtophora citricola lurida KARSCH, 1879 (Link zum Artikel (http://forum.spinnen-forum.de/index.php?topic=20476.msg125345#msg125345)) nicht auch in die Warteliste?
Erledigt. Auch wenn es keine europäische Art ist, ist es wohl besser, sie hier zu dokumentieren, sonst gerät das schnell in Vergessenheit.
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2016-01-02 14:37:20
Dabei könnte man auch T. ochracea (L. Koch, 1856) zum nomen dubium (?) erklären.
In der Tat. Mit der Beschreibung ist sicher nicht viel anzufangen. Habe die Art in die Liste aufgenommen.

Im Moment bin ich (mit Theo, Tobias, Michael Schäfer und ein paar spanischen Kollegen) dabei dem zweiten Phantomarten-Manuskript den letzten Schliff zu geben. Dabei liegt der Fokus auf Franganillo, Kolosváry und diversen Springspinnen (darunter einer von Koch in demselben Artikel beschriebenen Art). Insgesamt wohl so etwa 70 Arten und Unterarten. Der letzte Entwurf hatte knapp 20.000 Wörter - und damit haben wir wohl kaum die Hälfte der europäischen Phantome erlegt. Das Thema kann das Forum also noch ein paar Jahre beschäftigen :)

Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2016-03-10 12:46:08
Gerade darauf gestoßen:

 Ozyptila maculosa Hull, 1948   

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2016-03-10 14:46:18
Ein interessanter Fall. Hast Du Vorschläge, um was es sich bei diesem Winzling handeln könnte? Die Tibiaapophysen (http://www.araneae.unibe.ch/data/2853/Ozyptila_maculosa) sehen ja abenteuerlich aus...
Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Arno Grabolle am 2016-03-11 10:24:14
Missbildung ..?

Arno
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2016-03-17 14:01:27
Ich kann mir das auch vorstellen. Die Apophysen sehen irgendwie unvollständig entwickelt aus.

Mich würde interessieren, ob es da überhaupt einen hinterlegten Typus gibt/gab. Leider schreibt Hull nichts dazu.

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2016-03-18 08:20:47
Eine Missbildung ist sicher eine Möglichkeit. Wäre halt schön, wenn jemand ein ganz ähnlich deformiertes Exemplar in seiner Sammlung fände, so wie das damals bei Philodromus depriesteri der Fall war.

Ich habe gestern zufällig gelesen, dass jemand in den 70er Jahren Material von Hull im Hancock Museum (https://greatnorthmuseum.org.uk/collections/zoology) in Newcastle-upon-Tyne gefunden hat. Das Museum existiert noch, man könnte also mal nachfragen, ob evtl. auch der Typus von Ozyptila maculosa vorhanden ist. Das Exemplar stammt ja aus der Nachkriegszeit und sollte daher nicht von der Austrocknung während der Alkohol-Knappheit in den Kriegsjahren betroffen sein, der grosse Teile von Hull's früher Sammlung zum Opfer fielen.

Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2016-03-21 22:09:13
Habe soeben entdeckt, dass die Reste der Hullschen Sammlung 1965 von Cooke für das Oxforder Museum angekauft wurden. Anhand von diesem Material wurde Caviphantes saxetorum (Hull, 1916) als valide Art wiedererkannt. Ob auch andere Typen erhalten geblieben sind, wird aus der kurzen Notiz zu diesem Fall aber nicht ganz klar (es wird nur gesagt, dass danach gesucht wurde, und dass die Suche im Fall von saxetorum erfolgreich war).
Beste Grüße,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Tobias am 2016-03-22 16:44:47
Ich habe zudem mal die digitale Archivsuche im Hancock-Museum genutzt, leider kein Treffer für "Ozyptila", "crab spider" usw (aber viele für "spider crab"  ;))

Tobias
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2017-01-08 03:30:51
Ich stolpere gerade zufällig beim Überprüfen des Wikis darüber:
Von Brachythele speculatrix Kulczyński, 1897 (http://wsc.nmbe.ch/species/22125) wurde laut WSC bisher erst ein Jungtier beschrieben!

http://wiki.arages.de/index.php?title=Brachythele_speculatrix (http://wiki.arages.de/index.php?title=Brachythele_speculatrix)

Wie geht denn sowas?

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2017-01-08 10:15:37
Interessanter Fall, zumal das Jungtier auch noch als "sehr ähnlich" zu der in der gleichen Arbeit beschriebenen B. media bezeichnet wird.
Die ganze Gattung Brachythele, endemisch in Südost-Europa, scheint ja völlig untererforscht zu sein.
Beste Grüsse,
Rainer
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2017-01-08 11:46:59
Die ganze Gattung Brachythele, endemisch in Südost-Europa, scheint ja völlig untererforscht zu sein.

Wahrscheinlich gibt für alle europäischen Nemesiidae Forschungsdefizite, weil ich hier besonders häufig im Wiki schreiben muss: "Männchen (bzw. Weibchen) unbekannt". Im Fall von Brachythele speculatrixsind es kurioserweise beide.

Ich habe den Artikel nicht als {{Phantomart}} markiert, weil ich denke, dass das in Deiner Hand als Hauptbearbeiter der Phanomarten liegen sollte, damit nichts durcheinander gerät.

Martin
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Martin Lemke am 2017-04-18 13:31:19
Neuer Kandidat, wenn noch nicht in der Liste: Oedothorax agrestis longipes (http://www.araneae.unibe.ch/data/3498/Oedothorax_agrestis-longipes) (Weibchen unbekannt). Vom Männchen hat Simon (1884) neben textlichem auf Französisch nur die äußerst dürftigen Zeichnungen der Patella des Pedipalpus an die Nachwelt hinterlassen, die auch bei araneae zu sehen sind. Ob es noch das Originaltier gibt, wäre zu recherchieren.

Martin


Synonym: Gongylidium longipes
Titel: Re: Phantomarten-Kandidaten
Beitrag von: Rainer Breitling am 2017-04-18 21:45:02
Besten Dank. Ich habe den Fall in die To-Do-Liste aufgenommen.
Beste Gruesse,
Rainer