Autor Thema: Phantomarten-Kandidaten  (Gelesen 29446 mal)

Rainer Breitling

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Phantomarten-Kandidaten
« am: 2015-01-09 12:52:34 »
Die ausführliche Dokumentation von neuen Phantomarten habe ich jetzt erstmal eingestellt, bis die bisher geklärten Fälle publiziert sind. Ich schlage vor, neue Kandidaten hier kurz zu melden, so dass sie nicht verloren gehen:

Gonatium strugaense: http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Gonatium_strugaense - Typen verloren (Deltshev), wahrscheinlich keine Gonatium-Art (Millidge)

Rainer

Michael Hohner

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #1 am: 2015-01-09 13:44:33 »

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #2 am: 2015-01-09 14:40:27 »
Und umgekehrt ;) Deine Nachfrage hatte mich dazu gebracht, diese Art mal genauer anzuschauen.

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #3 am: 2015-01-09 16:23:35 »
Vlt. ein schwierigerer Fall: Ich halte Xysticus albomaculatus Kulczyński, 1891 für ein Synonym einer anderen, häufiger gefundenen Art, woraus sich auch das merkwürdige Nachweisgebiet erklären würde. Ich habe bisher nur keine Entsprechung gefunden. Der Palpus und die Vulva weißt aber Ähnlichkeiten mit der acerbus-Gruppe auf.

Leider habe ich die Doktorarbeit von E. Jantscher nicht, ich gehe aber mal davon aus, das die Typen von Kulczyński abgebildet hat.

Tobias

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #4 am: 2015-01-10 10:36:13 »
Hallo Tobias,
In der Tat ein interessanter Fall, aber laut Jantscher keine Phantomart, sondern evtl. nur ein entfernter Verwandter der Xysticus-Arten, der in eine eigene Gattung gehören könnte. Die Typen sind wohl verloren gegangen, aber sie bildet die Art nach neuen Funden ab. Ich habe Dir ein Exemplar der Dissertation per E-mail geschickt.
Beste Grüße,
Rainer

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #5 am: 2015-01-10 12:46:27 »
Danke. Bleibt für mich aber eine rätselhafte Art, inbesondere deren Verbreitung.

Ich sehe gerade auch, die Uni Bern lässt die Nachweise aus Österreich von J. Wunderlich vermissen.

Ich schreibe Daniel Gloor eine Mail.

Tobias

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #6 am: 2015-01-11 11:07:20 »
Was hältst Du von der Idee, dass es sich bei X. albomaculatus um ein Synonym von Bassaniana versicolor s. lat. handelt? Wenn man sich die Beschreibung bei SpiE anschaut, gibt es da für mich kaum einen Zweifel, auch angesichts des Vorkommens von X. albomaculatus auf Baumstämmen.
Beste Grüße,
Rainer

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #7 am: 2015-01-11 11:09:39 »
Weiterer Kandidat: Xysticus lendlii (nach Erstbeschreibung nicht mehr revidiert, aber evtl. in Ungarn wiedergefunden?)

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #8 am: 2015-01-11 11:31:58 »
Also ich habe jetzt mal zusätzlich die Abbildungen in Paquin & Dupérré (2003) von Bassaniana versicolor angeguckt. Die Palpen sehen schon sehr nach Xysticus albomaculatus aus, die Vulva unterscheidet sich etwas stärker, die Epigyne aber ist wiederum sehr ähnlich. Genauso Xysticus lendlii. Ich denke, du hast die richtigen Kandidaten gefunden.

Vielleicht existieren noch die Typen von ersterer?

Tobias



Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #9 am: 2015-01-11 12:54:51 »
Die Typen von B. versicolor sollten noch existieren (in London). Die der europäischen (Unter)Art baudueri leider nicht. Aber da die nach juvenilen Exemplaren beschrieben wurde, ist das kein echter Verlust. Jantschers und Kulczynskis Bilder passen besser zu den europäischen Exemplaren, als zu den diversen amerikanischen Arten, und ich denke, dass es sich angesichts dieser Konsistenz über den ganzen Kontinent wohl doch um eine eigene Art handelt: das wäre dann Bassaniana albomaculata, wenn man baudueri als nomen dubium auffasst.
Rainer

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #10 am: 2015-01-11 19:44:13 »
baudueri wurde aber gerade erst von Déjean & Ledoux (2013) wieder aus der Nomina dubia-Schublade geholt und für valide erachtet (gibt auch Abbildungen). Damit wäre also B. baudueri (Simon, 1877), wenn man die in den Artstatus erheben würde, das senior synonym für Xysticus albomaculatus Kulczyński, 1891. Stimmt das so oder ist die obere Bearbeitung der Art nicht ganz korrekt gewesen?

Tobias


Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #11 am: 2015-01-12 07:41:51 »
In der Arbeit von Déjean und Ledoux geht nomenklatorisch einiges durcheinander. Sie halten baudueri (Simon, 1877) ebenfalls für ein nomen dubium, meinen das aber dadurch lösen zu können, dass sie das Veröffentlichungsdatum auf 1932 verschieben und einen (Pseudo)"Lectotypus" festlegen, der im Jahr 1918 gesammelt wurde. Nach den Regeln ist das natürlich nicht. Es ist ein ziemlich vertrackter Fall.
Beste Grüße,
Rainer

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #12 am: 2015-01-12 15:50:12 »
Ohje, das schaue ich mir heute abend mal an.

Tobias

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #13 am: 2015-01-13 11:45:45 »
Aelurillus simplex (Herman, 1879)

weiterer Fall? Weibchen unbekannt, seit der Erstbeschreibung nie wieder gefunden bzw. beschrieben (laut WSC). Typusmateriel wahrscheinlich aus Ungarn.

Tobias

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #14 am: 2015-01-13 15:45:52 »
Tmarus punctatissimus (Simon, 1870)

Tobias

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #15 am: 2015-01-13 16:33:44 »
Interessanter Fall. Vielleicht ein (älteres!) Synonym von Tmarus horvathi. Sollte aber als nomen oblitum durchgehen...
Beste Grüsse,
Rainer

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #16 am: 2015-01-20 15:22:06 »
Araneus v-notatus (Thorell, 1875)   

evtl. eine Variante von A. sturmi/triguttatus?

Tobias

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #17 am: 2015-01-25 16:28:58 »
Uloborus pseudacanthus Franganillo, 1910

Tobias

Martin Lemke

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #18 am: 2015-01-26 10:21:15 »
Im Grunde ist ja alles suspekt, das aus der Zeit der Jahrhundertwende oder davor stammt und zu dem es weniger als 2 Publikationen gibt. Um die Suche zu systematisieren, könnte man folgendermßen verfahren:
1) Schaue in die Liste der lückenhaften Artikel
2) Schaue jeweils beim WSC nach
Unsicherheitsfaktor: Publikationen, die der WSC (noch) nicht hat; z.B. Aculepeira armida pumila (Simon, 1929)

Hier, was ich in diesem Verfahren gefunden habe:
Aculepeira carbonaria fulva (Franganillo, 1913)
Wird nur in einem Dreizeiler beschrieben: "55. Epelra carbonarla L. K., varo fulva Fran. - Tegumen-tos leonados; seis manchas amarillas en forma de media luna 'de-bajo de las hileras. Cogida en los montes junto á su negruzca oote-ca, hacia el 20 de Julio."

Nomen dubium?

Acartauchenius derisor (Simon, 1918)
Beschreibung dürftig: "Dilfère de T. nasuta*
Cambi*, par le processus céphalique assez grêle dès la base, presque
cylindrique et longuement pileux . dressé et un peu incliné en arrière,
brusquement terminé par un très petit lobe ovale et oblique très briè­
vement pédicule. Les yeux médians postérieurs situés de chaque côté
à sa base. L’apophyse tibiale vue en dessus droite, large, à la base
mais très atténuée subaiguë, vue de profil arquée non coudée. Cépha­
lothorax brun rouge foncé. Abdomen noir. Pattes assez courtes, jaune
lestacé avec les patelins obscurcies, les tibias annelés de noirâtre à
l'extrémité. — Long. l,0 mm
Hautes-Pvrénéos : Gavarnie!"

Allerdings fehlt die zweite Publikation von Simon (1926) im WSC.

Nebeneffekt der Verfahresweise:
Weil man die Quellen lesen muss, ergibt sich die Gelegenheit, Lückenhafte Artikel mit etwas Beschreibung aufzuwerten.

Natürlich ist das mühsam, aber wenn man sich die Recherche teilt, ist vielleicht ein gutes Stück zu schaffen und der Erfolg hängt nicht nur von zufälligen Ereignissen ab (z. B. es fällt einem bei anderweitiger Recherche eine potentielle Phantomart auf).

Man könnte sich die Recherche nach Anfangsbuchstaben aufteilen.

Martin
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Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #19 am: 2015-01-26 11:50:33 »
Hallo Martin,

Hört sich interessant an, wenn auch immer noch nach ziemlich viel Arbeit. Aber Du hast recht, eine solche möglichst komplette Liste der Verdachtsfälle wäre hilfreich, und die könnte man dann nach und nach abarbeiten (wenn auch nicht gleich mit derselben Tiefe wie auf der Phantomarten-Seite). Es ergäbe sich zumindest eine klare Übersicht auf Europa-Niveau.

Die Arten und Unterarten von Franganillo sind wohl grundsätzlich suspekt. Ich glaube Brignoli hat den Pater mal als den schlechtesten Taxonomen des 20ten Jahrhunderts bezeichnet :)

Beste Grüsse,
Rainer

Martin Lemke

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #20 am: 2015-01-26 23:45:27 »
Man kann da nur nach und nach dran arbeiten, weil es so ein Fass ohne Boden ist; es frustriert sonst, da man kaum voran zu kommen scheint. Wie gesagt, es fallen zudem solche Fälle durch die Rasterfahndung, welche man mangels Literaturzugriff nicht überprüfen kann.

Ich habe jetzt von Acantholycosa norvegica bis Alioranus pauper geprüft und habe erst mal die Nase voll. Aber so können wir uns wenigstens ein wenig an eine halbwegs vollständige Liste heran tasten.

Martin
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Michael Hohner

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #21 am: 2015-01-28 15:11:22 »
Aus der ital. Checkliste:

87 Dendryphantes lanipes C.L. Koch, 1846 Species inquirenda (Hansen 1986: 251).

6 Tegenaria advena (C.L. Koch, 1841) Nomen dubium (Bolzern et al., 2013). Species inquirenda (Brignoli, 1971:
88, Trotta, 2005: 74).

35 Zelotes bimaculatus (C.L. Koch, 1837) Species inquirenda: the type material is not available. Koch (1873)
describes it as an entirely blackish species with two medio-dorsal whitish
spots on the abdomen, and with the tibiae, metatarsi and tarsi yellowish
brown. This description fits completely

14 Singa simoniana Costa, 1885 Species inquirenda:described on the female and nevere recorded again.
The brief diagnosis does not indicate the belonging to Singa (at least on the
base of the abdominal pattern).

70 Hogna radiata minor (Simon, 1876) Described on juveniles, the validity of the subspecies is doubtful. High
variability of the nominal species.

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #22 am: 2015-01-28 17:11:19 »
Interessante Liste. Ein paar Notizen, damit ich das später nicht vergesse:

87 ist höchstwahrscheinlich ein Synonym von Philaeus chrysops. Interessanterweise ist die Art nicht sicher aus Italien beschrieben, sondern aus "Süddeutschland -- Tyrol", könnte also auch Österreich gemeint sein.

6 im WSC bereits als nomen dubium aufgeführt.

35 interessant: eine Phantomart, die trotzdem aus vier Ländern gemeldet ist. Die sollte sich doch identifizieren lassen. Was schlägt die Checkliste denn als "complete fit" vor?

14 ein seltsames Exemplar. Ob jemand es anhand der Beschreibung wiedererkennen kann: perlgraues Opisthosoma mit sechs großen schwarzen Flecken; in Paar deutlich getrennt weiter vorne (nach etwa einem Drittel der Länge), die anderen vier dichter beisammen?

70 lässt sich wohl erst klären, wenn der H. radiata-Komplex revidiert wird: könnte evtl. der valide Name einer der Formen werden, falls die Art aufgespalten wird, wie das manchmal erwartet wird.

Beste Grüße,
Rainer

Michael Hohner

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #23 am: 2015-01-28 17:39:49 »
Bei Nr. 35 hört der Text auch in der Checkliste so abrupt auf. Einfach mal bei den Autoren nachfragen, was da eigentlich stehen sollte.

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #24 am: 2015-01-29 09:30:12 »
Mein Tipp: Aphantaulax trifasciata.

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #25 am: 2015-01-29 16:17:15 »
Und Nummer 14 ist wohl mit einiger Sicherheit Zilla diodia.

Michael Hohner

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #26 am: 2015-01-31 18:12:12 »
Nochmal aus der ital. Checkliste:

107 Theridion histrionicum Thorell, 1875 Species inquirenda: described on one female from Trentino, no recent
records.

108 Theridion laevigatum Blackwall, 1870 Species inquirenda: described on one ♀ from the Province of Lucca
(Toscana) and never recorded again.

109 Theridion lapidicola Kulczyński, 1887 Species inquirenda: described on two females from Alto Adige (Eggental),
no recent records.

110 Theridion parvulum Blackwall, 1870 Species inquirenda.

111 Theridion prominens Blackwall, 1870 species inquirenda.

Tobias

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #27 am: 2015-02-16 22:30:27 »
Ein für mich interessanter Fall:  Araneus crispulus Tullgren, 1952 

Araneus scheint zudem einiges an Phantomarten herzugeben. Hier lohnt sicherlich ein genauerer Blick.

Tobias

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #28 am: 2015-02-20 09:33:32 »
Linyphia obesa Thorell, 1875....................Sweden [urn:lsid:amnh.org:spidersp:011420]
Nach Jungtier beschrieben; sollte also mit Sicherheit ein nomen dubium sein.

Rainer Breitling

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Re: Phantomarten-Kandidaten
« Antwort #29 am: 2015-02-25 16:50:23 »
Agelena longipes Carpenter 1900
Orchestina dubia O. Pickard-Cambridge 1911