Autor Thema: Anatomisch richtig zeichnen  (Gelesen 13622 mal)

Rainer Breitling

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #30 am: 2018-02-15 08:56:40 »
Ich wollte mich eigentlich gar nicht auf diese internen Strukturen der Palpen einlassen. Ich war bisher der Meinung, dass diese nicht besonders bestimmungsrelevant sind.
Das stimmt natürlich. Die internen Verbindungen und Mechanik zu verstehen ist nur ein Spleen von mir. Aber vielleicht hat ja noch niemand genauer hingeschaut: bei Philodromus gibt es ja schon Fälle, wo der Verlauf der Schleifen zur Artunterscheidung beitragen kann. Und Proszynski deutete kürzlich an, dass auch bei den Salticiden interne Pedipalpusstrukturen im Detail komplexer sind, als das zunächst den Anschein hat, und dass das zumindest für die Zuordnung zu den höheren systematischen Kategorien (Gattungen, Gattungsgruppen) von Interesse sein könnte.

Zitat
Deine Zeichnungen sind mir bisher gar nicht aufgefallen. Da haben sich ja schon einige angesammelt. Du machst sie im Illustrator? Einige sind doch schon „Lehrbuchreif“ (z.B. der Ped. von Parachtes teruelis). Schwierig wird es scheinbar immer dann, wenn die Strukturen räumlich komplexer werden. Da kann man in dieser Technik nicht mehr gut trennen zwischen Überlagerungen und druchscheinendem.
Die Zeichnung sind alle in Illustrator gemacht. Du hast völlig recht: komplexe dreidimensionale und durchscheinende Strukturen sind fallen mir noch besonders schwer -- also eigentlich alles, was die Spinnengenitalien besonders interessant macht ;) Aber zum Glück geht mir das Material für weitere Zeichenübungen nicht so schnell aus. Es freut mich, dass Du ausgerechnet den Parachtes-Pedipalpus lobst: das war mein jüngster Versuch, es gibt also vielleicht doch Hoffnung auf (langsamen) Fortschritt.

Beste Grüsse,
Rainer

Martin Lemke

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #31 am: 2018-02-15 10:53:34 »
Meine Intention dieses Thread war eigentlich, Hilfe und Tipps für den Einstieg zu bekommen. Und nun sehe ich hier Experten auf hohem Niveau anatomische Details und technische Finessen (wer kann sich schon den Illustrator leisten, geschweige denn die notwendige Hardware?) erörtern.

Vor all dem steht für mich immer noch der mühevolle Anfang. Und meine Erkenntnis, dass ich noch nichts wirklich hin bekommen habe. Leider musste ich den Zeichentubus zwischenzeitlich abmontieren, weil er mich beim normalen Hantieren am Bino stört; er ist beim gewohnten Griff zum Fokussierknauf schlicht im Weg.

Seit wann zeichnest Du Genitalien, Rainer? Dass Du Genitalzeichnungen ins Wiki hoch lädst, beobachte ich seit ein paar Monaten. Arno zeichnet Genitalien schon seit Jahren, das weiß ich, und als Illustrator hat er eh eine ganz andere Ausgansgsbasis, weil der Umgang mit diesen Techniken sein Täglich Brot ist.

Martin
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Rainer Breitling

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #32 am: 2018-02-15 12:41:46 »
Seit wann zeichnest Du Genitalien, Rainer? Dass Du Genitalzeichnungen ins Wiki hoch lädst, beobachte ich seit ein paar Monaten.
Ich habe schon mit dem Zeichnen angefangen, als ich noch (wie Mike Roberts) mit einem Monokular-Mikroskop und Sonnenlicht versucht habe, Spinnen zu identifizieren. Also seit gut zwanzig Jahren. Damals gab es noch keine erschwinglichen Kameras, und für mich ist das Skizzieren der Strukturen der automatische erste Schritt bei der Identifikation geworden. Die Illustrator-Zeichnungen habe ich letztes Jahr September begonnen, weil ich Abbildungen zur Auflockerung eines kleinen Artikels über die Duffey-Sammlung brauchte, wo Bleistiftskizzen nicht ausgereicht hätten.

Die langjährige Vorarbeit ohne Veröffentlichungsabsichten war wahrscheinlich hilfreich. Man lernt genauer hinzuschauen und das Gesehene in eine einigermassen verständliche Skizze zu übersetzen, zunächst nur zum eigenen Vergleich im Bestimmungsbuch. Illustrator etc. sind vor allem für's Aufhübschen nötig, und (wie der Zeichentubus) um sicherzustellen, dass die Proportionen genau stimmen. Aber für den Einstieg sind sie eher hinderlich, wie Du selbst gemerkt hast.

Dass man auch ohne grosse Technik viel erreichen kann, zeigen die Originalzeichnungen der Klassiker. Ich habe zum Beispiel kürzlich Originalskizzen von Hans Lohmander gesehen (aus der Sammlung des Museums in Göteborg), mit Bleistift direkt auf kleine 20x25 Zettel gezeichnet. Man sieht an den Einstichlöchern an den Ecken, dass er das Papier wohl unter einem Zeichentubus festgepinnt hatte. Seine Skizzen wurden nie veröffentlicht, aber wenn man den Kontrast der Bleistiftlinien ein bisschen anhebt, sieht man, dass da jeder Strich exakt sitzt. Ohne Zögern und ohne Radieren. Das kann natürlich nur durch langes Üben (oder aussergewöhnliches Talent) gelingen. Hier zwei Beispiele, Drassylus lutetianus (M+F) und Cheiracanthium campestre (M):

DrassylusLutetianusEpigyne.jpg
*DrassylusLutetianusEpigyne.jpg (171.97 KB . 591x600 - angeschaut 817 Mal)
DrassylusLutetianusPedipalpVentral.jpg
*DrassylusLutetianusPedipalpVentral.jpg (107.93 KB . 319x600 - angeschaut 790 Mal)
CheiracanthiumCampestrePedipalpVentral.jpg
*CheiracanthiumCampestrePedipalpVentral.jpg (92.04 KB . 301x600 - angeschaut 837 Mal)

Beste Grüsse,
Rainer

Arno Grabolle

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #33 am: 2018-02-15 13:44:11 »
Ich verstehe, was du meinst Martin. Aber die digitalen Tools sind gar nicht nötig. Ich würde sowieso empfehlen, erst mal manuell an die Sache heran zu gehen. Ich würde es an deiner Stelle so machen:

1. Mit deinem Zeichentubus legst du dir eine grobe Skizze der wesentlichen Formen des Objekts an. Das machst du auf normalen Office-Papier, möglichst nicht zu schwer (80–100 g).

2. Diese Skizze verfeinerst du weiter, bis alle Details festgelegt sind. Dabei vielleicht nicht mehr unbedingt mit dem Zeichentubus, sondern vergleichend mit dem Auge. Je Mehr Details schon fixiert sind, desto leichter fällt es, noch fehlende an en richtigen Stellen zu ergänzen. Wenn die Skizze am Ende so aussieht, wie die schönen Beispiele von Lohmander, wärs perfekt.

3. Jetzt nimmst du ein neues Blatt (Office Paper, etwas probieren, wie gut es mit Fineliner harmoniert) und Fineliner (z.B. PITT artist pen von FC, die gibts in S (dünn) und F (mittel)). Und du brauchst einen Leuchttisch (z.B. so einen*). Das neue Blatt verklebst du mit der Skizze an zwei Stellen (also beide aneinander, nicht beide auf den Leuchttisch). Nun legst du das auf den Leuchttisch. Die Vorskizze sollte schön zu sehen sein und du kannst sie sauber mit Finelinern durchzeichnen. An einigen Stellen kannst du per Punktierung Dunkelheit andeuten, oder Flächen schwarz füllen**.

4. Nachdem alles fertig ist, kann man die Fineliner-Zeichnung von der Skizze wieder trennen und einscannen. Danach grundsätzlich Schwarz und Weiß ganz sauber setzen (ist ja eine Grafik, kein Foto) und ein paar Retuschen machen (verzeichnete Linien, Flächen füllen etc.).

So bin ich vor Jahren noch zu meinen Vorlagen für digitale Illustrationen gekommen. Das funktioniert bis heute und ist einfacher, als es sich jetzt anhört.

* ich hatte früher immer einen mit Leuchtstoffröhren. Aber offenbar ist diese Technik abgelöst worden. Ich kann aber nicht dafür garantieren, dass diese LED-Leuchttische hell genug sind.
** Bei größeren schwarzen Flächen genügt es den Anfang auszumalen und dann Kreuze rein zu machen oder so ... das kann man später Am Rechner schneller und tuschesparender erledigen.

Arno

Rainer Breitling

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #34 am: 2018-02-15 17:34:03 »
Selbst Zeichentubus und Leuchttisch sind nur für hohe Ansprüche nötig. Am Anfang geht es auch ganz ohne spezielle Technik, zumal Du ja eine hervorragende Fotoausstattung hast. Zeichne die Proportionen einfach direkt vom Bildschirm nach, und ergänze dann die Details am Mikroskop. Alles mit Bleistift. Danach einscannen, nachdunkeln, und das Ergebnis ist lässt sich bereits vorzeigen. Hier ist ein Beispiel, das ich gerade ausprobiert habe, mit HB-Bleistift auf Büropapier skizziert, ohne mikroskopische Kontrolle, und nur ganz auf die Schnelle (deshalb nicht in allen Einzelheiten korrekt und schon gar nicht so sauber wie es sein könnte):

HarpacteaHombergiPedipalp.jpg
*HarpacteaHombergiPedipalp.jpg (105.43 KB . 379x500 - angeschaut 789 Mal)

Ich habe schon schlimmere Abbildungen gesehen.

Beste Grüsse,
Rainer

Rainer Breitling

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #35 am: 2018-02-15 18:12:09 »
Und hier noch ein Beispiel auf der Grundlage Deines Metellina-Rätseltiers:

MetellinaSketch300.jpg
*MetellinaSketch300.jpg (19.56 KB . 300x151 - angeschaut 1485 Mal)

Man kann also die Proportionen ganz schnell vom Bildschirm festlegen, und danach könntest Du am Mikroskop korrigieren, wo die Skizze die Lagebeziehungen fehlinterpretiert, und ergänzen, was sonst noch an Details zu sehen ist. Und wenn man mehr als fünf Minuten investiert, und das tut selbst ein Fachmann wie Arno, und einen angespitzten Bleistift und vielleicht verschiedene Härtegrade verwendet, und ein möglichst leichtes Papier, kann man so wahrscheinlich sogar Publikationsqualität erreichen. Beim Verkleinern verschwinden auch nochmal einige der zeichnerischen Unsicherheiten in der Unschärfe.

Beste Grüsse,
Rainer

Arno Grabolle

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #36 am: 2018-02-15 20:22:12 »
... das mit dem Nachzeichnen direkt vom Bildschirm, habe ich auch gerade entdeckt. Das funktioniert gar nicht so schlecht.

Ich habe meine Anleitung von oben mal nachvollzogen, um zu zeigen, dass es geht. Hier das Ergebnis und alle Zwischenschritte.
(zwei Substitutionen musste ich vornehmen: 1. Ich habe keinen Zeichentubus, also habe ich, wie Rainer oben schon beschrieben hat, die wesentlichen Formen direkt vom Bildschirm abgepaust. 2. Als Ersatz für den nicht vorhandenen Zeichentisch diente mir mein Wacom Zeichenbildschirm mit weißem Hintergrundbild.)

Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess02_18-02.jpg
*Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess02_18-02.jpg (202.63 KB . 800x1177 - angeschaut 787 Mal)
Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess03_18-02.jpg
*Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess03_18-02.jpg (203.82 KB . 800x1235 - angeschaut 835 Mal)
Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess04_18-02.jpg
*Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess04_18-02.jpg (175.14 KB . 800x1334 - angeschaut 845 Mal)
Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess05_18-02.jpg
*Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess05_18-02.jpg (209.52 KB . 800x1386 - angeschaut 794 Mal)
Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess07_18-02.jpg
*Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess07_18-02.jpg (215.15 KB . 800x1303 - angeschaut 804 Mal)
Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess08_18-02.jpg
*Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess08_18-02.jpg (243.08 KB . 800x1265 - angeschaut 815 Mal)
Inermocoelotes-falciger-Ped-Grafik_18-02.jpg
*Inermocoelotes-falciger-Ped-Grafik_18-02.jpg (160.32 KB . 800x1350 - angeschaut 798 Mal)
Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess09_18-02.jpg
*Inermocoelotes-falciger-Ped-Prozess09_18-02.jpg (328.96 KB . 800x1277 - angeschaut 817 Mal)

Arno

Simeon Indzhov

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #37 am: 2018-02-15 23:08:16 »
Hier sehe ich klar die Nachteile des Abzeichnen direkt vom Okular: beim konstanten "Springen", neu Fokussieren usw vergisst man (ich) die genauen Proportionen und muss man noch ein paar mal nachschauen. Das ist auch aufwändiger und deswegen wird die Nachbesserung beim ungenauen Zeichnen immer fauler und nicht gewollter :D
Bei dir, Arno, kann man schon über gesamte Morphologie diskutieren, während bei mir wäre es gut, wenn die bestimmungsrelevanten Merkmale da sind (das sowie das Risiko an Fehlinterpretation liegen auch teilweise an der Optik). Das Ganze resultiert bei mir wahrscheinlich auch in Stilbesonderheiten (dicke Umrisse, Straffierung, sehr schematische Darstellung marginaler Teile - um eine gewisse Unpräzision zu decken, die hoffentlich später korrigiert wird, aber auch die Zeichnung teilweise unklar machen). Bezüglich dessen sehe ich, dass die Punktierung eine häufig verwendete Technik ist (im Philodromus-Schlüssel scheint nur Logunov sie nicht zu verwenden), die ich aber bisher nicht verwendet hatte. Sie scheint aber mehr Übersichtlichkeit zu schaffen, da man damit benachbarte Bereiche straffieren kann, ohne die Umrisse zu "verstecken", was bei Graunuancen nicht immer der Fall ist, zusätzlich wirken gefüllte dunkle Bereiche aggressiv.
Ich hänge zur Verdeutlichung die Zeichnungen der Philodromus longipalpis an - ich denke, es sieht zu verwaschen und nicht gerade präzise und deutlich, zT auch zu flach aus. Ich konnte den Anschluss der Einführunggänge an den Spermatheken nicht gut darstellen, sowie deren Öffnungen am Atrium. Die Epigyne sieht in meinen Augen zu flach und "schematisch" aus

PS Arno, versteckt sich der Embolus hinter dem Tegulum bei der Inermocoelotes falciger?

Arno Grabolle

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #38 am: 2018-02-15 23:41:07 »
… versteckt sich der Embolus hinter dem Tegulum bei der Inermocoelotes falciger?

offensichtlich. Er scheint oben noch mal sichtbar zu werden, in dem Spalt zwischen dem mittleren, dunklen Embolus-Teil und dem helleren, aus dem der Embolus entspringt.

Ich konnte das jetzt nicht durch Drehen oder Manipulieren prüfen, ich hatte nur das Foto als Grundlage. Habe mir nicht die Arbeit gemacht, den Original-Pedipalpus noch mal heraus zu holen. Ich wollte ja nur die Technik demonstrieren. Dieses Pedipalpus-Foto ist so brilliant, das muss man nicht zeichnen.

-> Foto noch größer bei g+

Inermocoelotes-falciger_Bulgarien-Vladaya_16-11_05-Ped.jpg
*Inermocoelotes-falciger_Bulgarien-Vladaya_16-11_05-Ped.jpg (138.39 KB . 1000x643 - angeschaut 819 Mal)

Arno


Simeon Indzhov

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #39 am: 2018-02-15 23:57:16 »
Ach ja, ich sehe gerade. Btw die Teile sollten Tegulum und ?Subtegulum? heißen ;)

Martin Lemke

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #40 am: 2018-02-16 07:17:00 »
1)
Zeichne die Proportionen einfach direkt vom Bildschirm nach, und ergänze dann die Details am Mikroskop.

Ich habe nicht verstanden, was mit 'am Bildschirm nachzeichnen' gemeint ist. Am PC-Bildschirm? Das hieße Malen mit der Maus. Das geht ganz schlecht.

Aber ich denke, das meinst Du nicht. Aber was dann?

2)


Diese Strukturen sind nicht gezeichnet, wie sie vorhanden sind. Das ist einfach auch ein Problem, wie man eine dreidimensionale räumliche Struktur auf 2D überträgt. Die Tiefe geht unweigerlich verloren. – Auf der anderen Seite ist es allerdings vielleicht so ähnlich wie Dein 'Spleen' für die funktional richtige Darstellung der Genitalstrukturen und somit für den eigentlichen Zweck, ein Tier nachvollziehbar identifizieren zu können, nicht notwendig. Die Zeichnung soll ja die bestimmungsrelevanten Strukturen hervorheben und somit das abgebildete Objekt praktisch von nicht relevanten Strukturen befreien. Das heißt sie darf nicht nur, sondern soll auch ein wenig abstrahieren.

Andererseits, könnte die räumliche Anordnung aber vielleicht gerate ein bestimmungsrelevantes Detail bilden. In dem Fall hilft dann wohl nur eine weitere Perspektive, die ich bei Metellina aber noch nie rigend wo auf einer Zeichnung gesehen habe. Aber da reicht ja auch das Epigynenbild aus; man brauchtr nicht die Abbildung der Vulva.

3) – eingentlich ein Nebenthema
anatomie.png
*anatomie.png (419.47 KB . 352x570 - angeschaut 787 Mal)

Simeon macht sich Gedanken über die funktionalen Strukturen (Tegulum oder Subtegulum). Mehr als Cymbium, Bulbus und Embolus (und Gliedmaßen) vermag ich nicht zu benennen. Bisher hat mir das immer ausgereicht. Wie heißen denn die anderen Teile?

4)
Die Zeichenschritte von Arno sind mir sehr hilfreich. Da wird schon manches vereinfacht dargestellt. Der eine oder andere Schlenker des Originals wird einfach einfach ignoriert und das Ergebnis kann sich trotzdem sehen lassen, weil es eben nicht auf alles in gleichem Maße ankommt. Was mich aber irritiert, sind die nachträglich eingezeichneten "Sockelringe" um die Basis der dicken Borsten – die sind im Foto nicht zu sehen, bzw. viel dezenter.

Martin
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Arno Grabolle

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #41 am: 2018-02-16 10:08:16 »
Ich hatte festgestellt, dass man das Objekt auch direkt vom Bildschirm abpausen kann. Also Mikro-Foto vom Objekt schön groß auf den Bildschirm holen, dünnes, weißes Blatt Papier auf den Bildschirm legen (mit Klebestreifen arretieren oder so) und dann das durchscheinende Foto in den Konturen nachzeichnen. Dann hat man alle Teile in der richtigen Größe an den richtigen Stellen.

Der 1. Schritt in meiner Anleitung ist so entstanden. Man wird so nicht jedes Detail erfassen können, weil das Blatt einiges Schluckt und weil man auf dem Foto schon weniger Details sieht, als durchs Bino. Man könnte hier auch mit Transparantpapier arbeiten. Dann würde man vermutlich alles sehen. Aber auch Transparantpapier lässt sich schlecht korrigieren bzw. weiter abreiten.

Simeon macht sich Gedanken über die funktionalen Strukturen (Tegulum oder Subtegulum). Mehr als Cymbium, Bulbus und Embolus (und Gliedmaßen) vermag ich nicht zu benennen. Bisher hat mir das immer ausgereicht. Wie heißen denn die anderen Teile?

Siehe hierzu:

[…] X.-P. Wang (zB Wang 2002, Wang et al 2010).

Arno

Martin Lemke

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #42 am: 2018-02-17 08:55:38 »
Bildschirmpausen?

Da bin ich skeptisch. Wie gesagt, ich hatte vor Jahren mal einen Leuchttisch erworben und versucht, ausgedruckte Bilder darauf durchzupausen. Das war gar nicht gut möglich, weil dann alles durchscheint, also auch die Strukturen, welche dafür eher stören. OK, am Bildschirm könnte das anders sein, weil der Druck als Zwischenstufe fehlt.

Ich habe noch einen kleinen alten ungenutzten 17"-Monitor. Mit dem könnte ich das mal ausprobieren. Vielleicht ist das doch einfacher zu handhaben als der eher weniger stabile Zeichentubus. Einen Versuch ist es wert, weil keine Kosten damit verbunden sind. Allerdings müsste ich meinen 2. Monitor dafür abstöpseln – aber vielleich kann ich den auch an meinem Laptop anschließen – kommt drauf an, ob ich dafür ein Kabel habe oder beschaffen kann (alte D-Sub 15 Buchse).

Bevor sie im unübersichtlichen Thread untergeht, habe ich mir mal Deine Anleitung (Arno) in ein Word-Dokument kopiert und ausgedruckt. M. E. wäre es auch sinnvoll, einen Wiki- oder Arachnol.Mitt.-Artikel daraus zu machen. Dieser Themenkomplex ist aktuell denn je. Man bedenke das campangnenartige Votum namhafter Wissenschaftler für das anatomische Zeichnen anstatt Fotografien in Artbeschreibungen im Jahr 2016.

Martin
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Jonas Wolff

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #43 am: 2018-02-18 03:38:56 »
Man bedenke das campangnenartige Votum namhafter Wissenschaftler für das anatomische Zeichnen anstatt Fotografien in Artbeschreibungen im Jahr 2016.

Da ging es aber nicht um Zeichnung vs. Fotografie, sondern um Artbeschreibungen ohne physisches Typusexemplar, also nur auf Grundlage von Fotos.

Ich denke kaum jemand wird einen Einwand haben gegen Fotos, wenn diese so gut ausgeleuchtet und praesentiert sind, wie der Inermocoelotes-Palpus oben. Man muss sich ernsthaft fragen, ob nicht Zeit und Resourcen verschwendet werden durch das Anfertigen aufwaendiger Zeichnungen. Das hemmt doch taxonomische Fortschritte und ist eher ein Relikt aus Zeiten, als Mikroskope, Kameras und Drucktechnik nicht ausreichend waren fuer eine detailgenaue Widergabe. Man sollte sich vielleicht eher auf Einzel- oder Detailzeichnungen beschraenken, auf denen artspezifische Details nochmal hervor gehoben werden, anstatt alle Palpen/Vulven komplett abzuzeichnen, wie das vielfach praktiziert wird.

Jürgen Guttenberger

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #44 am: 2018-02-18 05:17:45 »
Was mich betrifft, werde ich aus Talentmangel keine Genitalzeichnungen anstreben. Jedoch könnte ich mir vorstellen dass so eine Zeichenplatte wie sie Arno oben verlinkt hat, für manche Übersichten oder technische Skizzen ein hilfreiches Instrument sein kann. In der Beschreibung kann man leider nicht herauslesen, ob die Zeichnungen direkt auf den PC übertragen werden können? Wenn ja wäre das auch für mich eine Kaufüberlegung wert.
Ansonsten sehe ich das so wie Jonas und werde meinen Focus auf eine qualitativ hochwertige Fotodarstellung ausrichten. Vor allem bleibt die Fototechnik und Bildbearbeitungstechnik nicht stehen, ich denke da an 3D-Animationen, die es ja heute schon in sehr guter Qualität gibt.
Nichts desto trotz finde ich eure Zeichenkünste bewundernswert und sinnvoll.

Gruß Jürgen

Arno Grabolle

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #45 am: 2018-02-18 12:34:10 »
@Jürgen: Dieser Lichttisch/Leuchttisch ist nur ein einfaches Instrument, um ein Medium (Blatt Papier mit Vorskizze oder irgendein Ausdruck) von hinten zu durchleuchten um es auf einer neuen Ebene (neues Blatt) durchzeichnen zu können. Das ist ein einfaches Prinzip, dass schon mind. 100 Jahre existiert und früher v.a. in der Zeichentrick-Animation Einsatz fand.

Für c. 20 Euro sind noch keine Systeme zu haben, die Grafiken per digitalem Stift direkt digitalisieren. Das ist eine sehr komplizierte Technik, die für den Hausgebrauch zwar immer erschwinglicher wird, aber dann auch nur relativ ungenau funktioniert und sich bestenfalls für lustige Skizzen oder artifizielle Anwendungen eignet. Das ist heute in besseren Tablett-PCs mit eingebaut.

Wie groß der technische Sprung von diesen einfachen „Spielereien“ zu einem Profigerät (von WACOM) noch ist, kann ich selbst vor mir sehen. Mein WACOM Cyntiq ist inzwischen 10 Jahre alt und wirklich nicht mehr stand der Technik. Ein aktuelles Gerät ist wesentlich präziser. Ich hoffe, sie haben es inzwischen hin bekommen, dass sich das digitale Zeichnen genauso anfühlt, wie das manuelle, denn das ist bei meinem Gerät noch nicht so.

Bei meinem Vorführ-Experiement mit dem manuellen Zeichnen, ist mir wieder mal bewusst geworden, wie einfach und natürlich das Zeichnen mit echten Stiften auf echtem Papier ist. Und da wir mehr oder weniger Outline-Zeichnungen, schwarz auf weiß benötigen, benötigt man diese digitalen Zeichenmöglichkeiten gar nicht, bzw. würde mit Kanonen nach Spatzen schießen. So ein Leuchttisch und ein Flachbrettscanner reichen vollkommen aus und kosten 1/10 der digitalen Technik.

Arno

Arno Grabolle

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #46 am: 2018-02-18 19:37:15 »
Nun ist meine Scotophaeus-Übersicht fertig. Das ist nur die Hälfte der europäischen Arten, aber es sind alle Arten derer ich habhaft werden konnte.

Scotophaeus_Pedipalpen_18-02.jpg
*Scotophaeus_Pedipalpen_18-02.jpg (378.12 KB . 2000x1685 - angeschaut 818 Mal)

Arno

Eveline Merches

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #47 am: 2018-02-18 20:28:15 »
Hallo Arno,
das ist ja toll. Deine Beschreibungen sind ja umfangreich, aber so leicht ist es dann doch nicht. Was mir hier deutlich wird, ist dass solche Zeichnungen eben nicht eben mal so von jedem erstellbar sind. Da braucht es schon ein Talent  und ein Auge für die wirklich wichtigen Details und dann Wissen und Übung zur Zeichentechnik. Aber spannend finde ich es allemal.

Ich hoffe, diese Zeichnungen landen dann auch im Wiki.

liebe Grüße
Eveline
Ahme den Gang der Natur nach. Ihr Geheimnis ist Geduld.

Martin Lemke

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #48 am: 2018-02-18 20:37:48 »
Danke, Jonas, für die Richtigstellung.

Mit der Genitalfotografie bin ich inzwischen auf gutem Wege. Auch die chemischen Spielereien, die Rainer anstieß, liefern für die Verfeinerung der Technik interessante Impulse. Zum Hervorheben gewisser Details hat das Zeichnen sicher Vorteile.

@Jürgen: Ich hatte mir den Leuchttisch bestellt (mit Amazon "One Klick" ist es so einfach). Das Teil ist wesentlich besser als der Leuchttisch, den ich vor Jahren erwarb und zu dem ich nicht mehr weiß, welches Netzgerät dazu gehört (es druckt ja kein Hersteller seinen Firmendruck mehr drauf). Dieser kommt ohne Netzteil und statt dessen mit einem langen USB-Kabel als Stromversorgung.

Zur Ergänzung hier noch ein Link zu einem älteren Thread zu ähnlichem Thema: @ v.a. Arno: Digitales Zeichnen / Zeichentablett (2014)

Nun ist meine Scotophaeus-Übersicht fertig. Das ist nur die Hälfte der europäischen Arten, aber es sind alle Arten derer ich habhaft werden konnte.

Dann braucht Du wohl noch Museumsmaterial ;-P.

Martin
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Rainer Breitling

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #49 am: 2018-02-19 09:58:48 »
Ich habe meine Anleitung von oben mal nachvollzogen, um zu zeigen, dass es geht.
Es ist schon beeindruckend, was mit relativ einfachen Mitteln möglich ist, wenn man weiss, wie's geht :) Weil Jonas das Thema Zeitbedarf aufgebracht hat, würde mich sehr interessieren, wie lange Du für den Inermocoelotes-Test gebraucht hast, und wie sich die Zeit in etwa auf die Einzelschritte verteilt. Bernhard Huber schreibt ja, dass er ungefähr eine Stunde pro Abbildung einkalkuliert, und meint, dass die Punktierungstechnik noch deutlich zeitraubender ist.
Beste Grüsse,
Rainer

Rainer Breitling

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #50 am: 2018-02-19 10:52:57 »
Ich denke kaum jemand wird einen Einwand haben gegen Fotos, wenn diese so gut ausgeleuchtet und praesentiert sind, wie der Inermocoelotes-Palpus oben. Man muss sich ernsthaft fragen, ob nicht Zeit und Resourcen verschwendet werden durch das Anfertigen aufwaendiger Zeichnungen. Das hemmt doch taxonomische Fortschritte und ist eher ein Relikt aus Zeiten, als Mikroskope, Kameras und Drucktechnik nicht ausreichend waren fuer eine detailgenaue Widergabe.
Die Gegenargumente hat Peter Jäger aufgelistet: "Kein Foto kann zu gleicher Zeit interpretieren, abstrahieren, reduzieren und betonen. Nur wenn ein Wissenschaftler [bei der Artbeschreibung] alle Strukturen versteht, kann sie oder er diese angemessen illustrieren, und nur dann ist es für nachfolgende Wissenschaftler möglich, Merkmale zu erkennen, die für die Bestimmung der Spinnenart essentiell sind." Zur Illustration verwendet er übrigens ein Coelotinae-Beispiel von Liu, Li & Pham, das Arnos Inermocoelotes-Foto sehr nahe kommt.
Beste Grüsse,
Rainer

Arno Grabolle

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #51 am: 2018-02-19 18:46:32 »
Ja, das Punktieren kann sehr aufwendig werden, wenn man realistische Plastizität zeigen will. Ich habe es in dem Inermocoelotes-Beispiel leider auch wieder etwas zu weit getrieben. Es fällt mir schwer, hier die richtige Abstraktion zu finden. Ich hatte vor, mit viel weniger Binnen-Punktierung auszukommen.

Das Beispiel hat vielleicht eine reichliche Stunde gedauert. Das wirklich gute, detailreiche Foto war aber schon vorhanden und ich habe alles etwas schnodderig gemacht, ich wollte ja nicht zeigen, wie toll das aussehen kann, sondern, dass es jeder/e hinbekommen kann.
Die Vorzeichnung dauert ca. 15 min, ein paar Details ergänzen 10 min, Durchzeichnen mit Fineliner 20 min, Punktieren 15 min, Scannen und Finischen noch mal 10 ...

Ich kann das wirklich nicht gut einschätzen, weil ich im Flow bin dabei. Ich müsste wirklich die Zeit stoppen.

Arno

Arno Grabolle

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #52 am: 2018-02-19 20:22:41 »
Ich habe es jetzt noch einmal getan. Und die Zeitangaben stimmen schon ungefähr.

Tegenaria-pagana_GC-Tamadaba_17-11_01-Ped_Grafik.jpg
*Tegenaria-pagana_GC-Tamadaba_17-11_01-Ped_Grafik.jpg (131.02 KB . 800x1133 - angeschaut 748 Mal)

Arno

Martin Lemke

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #53 am: 2018-02-20 07:53:38 »
Die Schattierung hin zu bekommen, ist in meinen Augen nicht das Hauptproblem, sondern die richtigen Lagen und die Proportionen.

Gerade unter dem Hintergrund, dass die Grafiken in Vektotgrafiken umgewandelt werden, müsste doch andere, technisch komfortablere Möglichkeiten eröffnen, als Schattierungen mühsam aus hunderten von Einzelpunkten zu simulieren. Inzwischen kommt es mir hier so vor, als sei es selbstverständlich, dass man als Ausgangsbasis ein perfekt ausgerichtetes, kontrastreiches Foto hätte. Zumal ein gutes Foto auch einiges an Aufwand bedeutet.

Da kommt unweigerlich die Frage auf, für welchen Zweck man wie viel Zeit investieren möchte. Für mich persönlich steht immer auch Zeitoptimierung mit im Vordergrund, weil ich kein Tüftler und Fummler bin. Meine Ambitionen sind Illustrationen fürs Wiki. Ob ich jemals eine Art beschreiben muss, weiß ich nicht. Wahrscheinlich eher nicht.

Mein Hauptbetätigungsfeld ist aber die Artenerfassung. Die Darstellung anatomischer Details ist eher eine Art Nebenfach, aber es ärgert mich, wenn ich nicht immer die Zeit finde, gefundene seltene Arten (letztes Jahr ein Männchen von Collinsia distincta) wenigstens zu fotografieren, weil ich die verfügbare Zeit benötige, um Tiere zu bestimmen. Solche Fotos fehlen dann wahrscheinlich Jahre lang im Wiki.

Martin
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Rainer Breitling

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #54 am: 2018-02-20 10:47:02 »
Das Beispiel hat vielleicht eine reichliche Stunde gedauert.
Sehr interessant. Eine gute Stunde allein für's Zeichnen; d.h., wenn man Präparation, Fotografieren, evtl. Literaturstudien zum anatomischen Verständnis, und Detailkontrolle am Mikroskop dazurechnet, dann ist man für eine hochwertige Abbildung sicher einen halben Tag beschäftigt (und am Anfang wahrscheinlich noch deutlich länger). Roberts schreibt zu seinen Farbtafeln: "His first full-size colour illustration... was produced in 1968..., using a monocular microscope and primitive lighting equipment and taking nearly a week's spare-time work to complete. He later progressed to a stereozoom microscope which enabled him to reduce the time spent on each drawing to between seven and eight hours." Ich finde das ermutigend: wenn die eigenen Abbildungen nicht auf Anhieb gelingen, dann liegt das vielleicht nicht (nur) an mangelndem Talent, sondern auch daran, dass ich überstürzt an die Sache herangehe, ohne mir die nötige Zeit zu nehmen.

Ich kann das wirklich nicht gut einschätzen, weil ich im Flow bin dabei.
Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt: Flow ist ja laut seinem Erfinder das Geheimnis des Glücks. Meine Interpretation: Das Zeichnen kann (und soll?) zuallererst Spass machen :)

Beste Grüsse,
Rainer

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #55 am: 2018-02-24 19:36:39 »
Nun habe ich die „zweite Hälfte“ des Tegenaria-pagana Palpus mal im Illustrator nachgebaut. Man kann also beide Techniken im Vergleich sehen, links die Vektorgrafik, rechts die gescannte Pixelgrafik.

Mein Fazit: So eine Illustrator-Grafik hat natürlich eine unschlagbare Klarheit und Schärfe. Und man ist eher gezwungen, zu reduzieren/stilisieren, weil es aufwendiger ist, detailreiche Formen zu erzeugen. Und die Borsten sind in keiner anderen Technik so präzise und gespannt darstellbar. Aber: Es dauert viel länger, v.a. das Punktieren im Illustrator (mit der Maus) geht nur recht langsam.

Ich habe das jetzt klassisch per Mauseingabe hergestellt. Ich könnte im Illustrator auch per digitalem Stift/Grafikbildschirm zeichnen. Das würde die Sache wahrscheinlich wieder beschleunigen.

Tegenaria-pagana_GC-Tamadaba_17-11_01-Ped_Grafik.jpg
*Tegenaria-pagana_GC-Tamadaba_17-11_01-Ped_Grafik.jpg (210.47 KB . 1500x1174 - angeschaut 758 Mal)

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Martin Lemke

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #56 am: 2018-05-31 11:59:45 »
Mal 'ne andere Frage: Warum kommen die tollen Zeichungen eigentlich nicht ins Wiki?

Martin
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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #57 am: 2018-05-31 19:15:34 »
... Nachlässigkeit ;)

Arno

Jürgen Guttenberger

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Martin Lemke

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Re: Anatomisch richtig zeichnen
« Antwort #59 am: 2018-10-15 10:43:13 »
Da Jürgen diesen Thread reaktiviert hat, noch folgendes:

Nadine Dupérré zeichnet mit Bleistift. Ich finde ihre Zeichnungen wirklich brauchbar (https://wsc.nmbe.ch/refincluded/12228), sie beitet schematische Zeichnungen und durchschattierte Zeichnungen. Ihre Zeichnungen entstehen durch Durchzeichnen von Fotos mit Bleistift.

Ich habe neulich versucht, den Palpus und die Vulva von Agyneta mollis zu fotografieren – das erwies sich auch mit meiner an sich guten Technik als aussichtslos, weil diese Teile zu winzig sind. Oder ich benötige hier doch die Spiegelvorauslösung.

Ebenfalls mit Durchpausen von Fotos arbeitet Danilo Harms; er arbietet allerdings mit Tuschestiften. Danilo sagte zu mir: "Vergiss den Zeichenspiegel". Ich denke auch, dass der Zeichenspiegel entweder nicht das richtige für mich ist oder dass ich ihn falsch benutze.

Harald hatte kürzlich an anderer Stelle hier im Forum vorgestellt, wie er arbeitet (nur mit Mikroskop, ganz in der Tradition von Roberts). Es gibt also verschiedenen Wege und nicht nur den einen einzig richtigen. Am meisten graust es mich vor dem Gedanken, Haare anatomisch korrekt einzeichnen zu müssen. Zählt die überhaupt jemand? Sind die denn bestimmungsrelevant, bzw. wichtig fürs Verständnis der Anatomie? Können die nicht weg gelassen werden?

z. B. hier eine Zeichung von Rainer:


Die zu investierende Arbeit für eine Zeichung wäre vermutlich 60 % geringer, ließe man die Darstellung der Haare weg.

Die Zeichnung verrät nichts über die anatomische Funktion. Die Haare steuern hierzu auch nichts bei, sondern stören eher beim Betrachten.

Martin
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